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Sterben

Von Helmut Höge
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Im Internet findet man zu »Schöner sterben« Zigtausende Suchergebnisse. Es gibt einen im Altersheim spielenden »Tatort« mit dem Titel »Schöner sterben« und einen Krimi, der »Schöner sterben auf Sylt« heißt. Auf deutschlandfunk.de heißt es: »Forscher untersuchen, wie sich die Vorstellung vom Tod gewandelt hat, und was ›gutes Sterben‹ ist.« In Hospizen und Sterbekliniken bemüht man sich – angeblich – praktisch darum.

Derzeit läuft in den Kinos der Film »The Room Next Door« von Pedro Almodóvar. Er besteht fast nur aus Dialogen – zwischen zwei Frauen, gespielt von Julianne Moore und Tilda Swinton, letztere in einer Doppelrolle als Mutter und Tochter. In Almodóvars Film geht es auch darum, wie man als Angehörige der oberen Mittelschicht schöner an Krebs sterben kann, sofern man den Tod (mittels einer Giftpille) selbst bestimmen kann und eine gute Freundin einem beim Sterben Beistand leistet – in einer traumhaft schönen Villa im Wald. Die Erkrankte lässt in ihrem Zimmer die Tür offen. Nachdem sie die Pille genommen hat, schließt sie die Tür. So wie von Almodóvar inszeniert, stellen sich Sterbeforscher häufig das ideale Sterben vor, autonom, selbstbestimmt.

Szenenwechsel. Deutschland rüstet sich derzeit für einen großen Krieg – gegen Russland. Dass es dabei zu vielen Toten auf deutscher Seite käme, ist klar. Längst müssen Soldaten vor ihrem Einsatz in Krisengebieten ihr Testament machen. Die psychische Betreuung übernehmen traditionell die Militärseelsorger.

Neben der Bundeswehrzeitschrift Y und dem Verbandsmagazin Bundeswehr-Journal, die sich beide eher um Bewusstsein und Wohlbefinden der Soldaten kümmern, gibt es das Onlinemagazin katholische-militaerseelsorge.de sowie JS – Die evangelische Zeitschrift für junge Soldaten und Soldatinnen. In ersterer geht es darum, den »Ängsten einen Ort« zu geben. Die Soziologin Hilke Rebenstorf referiert eine – bislang unveröffentlichte – Studie des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr. Wichtigste Erkenntnis: »Die Militärseelsorge findet ungemein hohen Zuspruch unter den Soldaten, nämlich 91 Prozent. Mehr als die Hälfte der Soldaten und Soldatinnen hat die Angebote der Militärseelsorge schon in Anspruch genommen, insgesamt 75 Prozent der Befragten bewerten ihre persönlichen Erfahrungen mit Militärseelsorgern positiv. Die absolute Verschwiegenheitspflicht der Militärseelsorgenden ist für die Befragten von zentraler Bedeutung. Auch deren Unabhängigkeit und ihre Stellung außerhalb der militärischen Hierarchie sind entscheidend.«

Aus der Studie geht hervor, dass die Seelsorger beiderlei Konfessionen bereits im Vorfeld des großen Krieges, so er denn kommt, um mehr Einfluss, Personal, Gelder und Geltung ringen. Auf dem Cover der November-JS heißt es: »Leben mit dem Tod«. Eine blonde junge Frau in olivgrünem Pullover schaut melancholisch: »Ihr Vater war Soldat und starb in Mali. Tochter Kimberly führt seine Mission auf ihre Art fort.«

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