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Aus: Ausgabe vom 23.11.2024, Seite 8 / Ansichten

Gedenktag des Tages: Totensonntag

Von Hagen Bonn
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»Immerhin bin ich kein unnötiger Sozialkontakt …«

Das Mädchen war vielleicht acht oder neun Jahre alt, und ich fragte es ungehalten: »Wieso schmeißt du denn all die Dosen auf das Grab?« Erschrocken sah sie mich an und antwortete verschüchtert: »Meine Oma hat sie immer gesammelt, da dachte ich …« Ich wurde rot, nickte freundlich und ging schnell weiter. Warum musste ich gerade am Totensonntag über einen Friedhof spazieren? Das kaum zu Ende gedacht, stand er vor mir: Gevatter Tod. Kein Zweifel. Sichel. Schwarzer Umhang. In der tiefen Kapuze kein Kopf, nichts, rein gar nichts. Dafür hörte ich ihn zischeln: »Einer von uns beiden ist klüger als du, was?« Ich trat einen Schritt zurück und gab ­beleidigt zurück: »Immerhin bin ich kein unnötiger Sozialkontakt …«

Es hörte sich an wie Kettenrasseln, dann begriff ich, dass er fluchte. Ich hatte ihn wohl beleidigt. Dann meinte er: »Okay, Schwamm drüber, bist gar nicht so übel. Beobachte dich schon eine Weile. Zwischen Scholz, Flak-Zimmermann, Hofreiter und dir klafft eine äh … beträchtliche Evolutionslücke, deswegen geh nur friedlich deines Weges.« Ich hielt ihn am … leeren … Ärmel: »Soll das heißen, der Tod ist irgendwie politisch?« Langsam schob sich die Kapuze nah an mein Gesicht heran, in deren Dunkel zwei rote Punkte aufglommen: »Erschrocken wegen des Arms? Ist wie bei der Linkspartei, die konnte nie einen Bandscheibenvorfall haben, weil sie kein Rückgrat besaß.« Mir wurde klar, dass dieses, nun ja, Interview eine Chance war, also fragte ich unerschrocken: »Und, wie ist das jetzt mit dem neuen Bundestag? Du hast doch alle im Blick, wie wird die Wahl denn ausgehen?« Wieder Kettenrasseln, es ging mir durch Mark und Bein. Aber dazwischen vernahm ich Gevatter Tod grollen: »So viele Idioten – und nur eine Sense!«

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