Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Mittwoch, 11. Dezember 2024, Nr. 289
Die junge Welt wird von 2993 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 20.11.2024, Seite 8 / Ansichten

Letzte Patrone des Tages: Andrij Melnyk

Von Felix Bartels
8 port.jpg
I bims, Melnyk

Jeder Krieg kriegt seine Erzählungen. Und wird zum Krieg der Erzählungen. Der Ukraine-Krieg war kein Verhängnis, nicht mal ein Ausbruch. Allenfalls Etappe eines langen Kampfes konkurrierender Mächte um ökonomische und geostrategische Einflusssphären. NATO-Osterweiterung, Sicherung des EU-Raums, Weltmarkt, Zugriff auf Rohstoffe, Erschließung von Absatzmärkten, Kapital- und Warenexport. Mit etwas Analyse käme man hin, die Erzählungen aber handeln von anderen Dingen. Antifaschismus und antikolonialer Befreiungskampf auf der einen, wertegeleitete Außenpolitik und Angst vorm russischen Joch auf der anderen Seite. Propaganda halt.

Einer, der diesen Job überfüllt hat, musste im Oktober 2022 sein Büro ausräumen. In einem Interview mit Thilo Jung hatte Andrij Melnyk, bis dahin Botschafter des ukrainischen Staats in Berlin, das Spiel zu weit getrieben. Nicht seine Sympathie für den Nazi Bandera und nicht seine wahnsinnigen Behauptungen über die sowjetische Hungersnot 1932/33 waren Anlass, sondern seine Leugnung der banderistischen Massenmorde in Galizien. Gewiss ist die ­Ukraine kein faschistischer Staat, dazu fehlt es nicht nur, aber vor allem an einer entsprechenden Verfassungsform. Im jüngeren Bandera-Kult drückt sich kein genuiner Faschismus aus, als Element des »Nation Building« wird er genutzt, eine separate ukrainische Identität zu schaffen. Und das Kunststück, das die deutschen Verbündeten hinbekommen müssen, ist, diesen Komplex am besten ganz zu ignorieren. Melnyks Vergehen bestand darin, ihnen das unmöglich gemacht zu haben.

Kaum beeindruckt ramentert Melnyk weiter, schwer abzustellen so eine Psychose. Am Dienstag sagte er dem RND, Deutschland dürfe nicht nachlassen, andernfalls »stehen die Russen bald wieder vor dem Brandenburger Tor«.

Wieder. Ein Wort sagt mehr als tausend Erzählungen.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Rainer Erich K. aus Potsdam (20. November 2024 um 09:54 Uhr)
    Kurz und bündig, um mit den Worten eines ehemaligen Finanzmisters zu antworten: »Ich kann diese Fresse nicht mehr sehen.«

Mehr aus: Ansichten

                                                 Heute 8 Seiten extra – Beilage zum Thema: Migration