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Aus: Ausgabe vom 16.11.2024, Seite 4 / Inland
Entkriminalisierung von Cannabis

Spaßbremse Union

CDU/CSU will Teillegalisierung von Cannabis nach Wahlsieg zurücknehmen
Von Philip Tassev
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Hier feiern sie noch die Entkriminalisierung, bald könnte es damit aber wieder vorbei sein (Berlin, 1.4.2024)

Kriege, Völkermord, Regierungskrise – aber die CDU möchte über Gras diskutieren. Am Freitag hat sich der Bundestag auf Antrag der Unionsfraktion in einer »aktuellen Stunde« unter dem bezeichnenden Titel »Auswirkungen auf die innere Sicherheit ernst nehmen – Cannabislegalisierung aufheben« mit der Teillegalisierung von Weed beschäftigt.

Silke Launert (CSU) begründete die Forderung der Union nach einer Rekriminalisierung mit niederländischen »Clans«, die die Teilfreigabe ausnutzen würden, um sich auf dem deutschen Cannabismarkt breitzumachen – mit entsprechenden Folgen wie »Bandenkriege, öffentliche Hinrichtungen, Sprengstoffanschläge, Folterungen, Schießereien«. Bei allen Gruselgeschichten benannte Launert erstaunlich klar einen der zentralen Widersprüche der von der Ampelregierung im April eingeführten Teilentkriminalisierung: »Wenn ich große Mengen an Besitz erlaube, ich aber noch keinen legalen Anbau habe, dann ist klar, dass dieser Markt hier gedeckt werden muss.« Abgesehen davon, dass die erlaubten 50 Gramm, die der mündige Bürger inzwischen zu Hause bunkern darf, keine wirklich große Menge sind, schlussfolgerte Launert allerdings aus dem von ihr richtig konstatierten Widerspruch nicht die Erleichterung der Abgabe, etwa in lizenzierten Fachgeschäften, sondern die komplette Rücknahme der Teillegalisierung.

Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) beklagte unter anderem, dass die mit der teilweisen Freigabe verbundene, ihrer Meinung nach »völlig unnötige« Amnestieregelung dazu geführt habe, dass bundesweit über 210.000 Akten »manuell« überprüft werden müssen. Dies stehe der erklärten Absicht der Reform, die Justiz zu entlasten, entgegen. Sie musste zwar eingestehen, dass diese Fälle irgendwann »abgehakt« sind, die zusätzliche Belastung der Justiz werde damit laut Badenberg aber nicht aufhören: Die »sehr kuriosen« Abstandsregelungen würden die Staatsanwaltschaften dazu zwingen, die Polizei mit Maßbändern loszuschicken, um zu überprüfen, »ob der Joint auch wirklich mehr als 100 Meter vom Kinderspielplatz, von Schulen oder Fußgängerzonen geraucht wurde.«

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wies zu seiner Verteidigung darauf hin, dass die Reform noch gar nicht wirken konnte und dass die Union in den von ihr regierten Bundesländern, Städten und Kommunen die Teillegalisierung blockiert. Der Konsum von Cannabis sei in der BRD auch in der Illegalität stetig gestiegen. Bei den 60- bis 64jährigen habe sich der Konsum innerhalb weniger Jahre verdoppelt. Selbst in Bayern, dem Bundesland mit dem bekanntlich härtsten Kurs gegen Kiffer, habe jeder vierte 18- bis 24jährige im vergangenen Jahr konsumiert. Dabei sei der Konsum immer gefährlicher geworden, weil das Cannabis immer potenter geworden sei und immer stärker mit gesundheitsschädlichen Streckmitteln verunreinigt werde. Abschließend bat der Gesundheitsminister darum, seiner Reform eine »faire Chance« zu geben und versprach eine umfangreiche Auswertung der Legalisierungspolitik. Ähnlich argumentierten auch die Vertreter von Grünen und FDP, um das Vorzeigeprojekt der Ampel zu verteidigen.

Deutschlands Kiffer werden sich von all diesen Diskussionen nicht beeindrucken lassen. Es ist davon auszugehen, dass sie getreu dem alten Motto: »Legal, illegal, scheißegal« weiter nach Herzenslust konsumieren werden, wer auch immer im Kanzleramt gerade herumturnt.

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