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Aus: Ausgabe vom 20.08.2024, Seite 5 / Inland
Wohnungspolitik

Umzugskisten ungepackt

Analyse: Große Lücke zwischen Bestands- und Neuvertragsmieten in Ballungszentren – wie in Berlin etwa. Mietpreisbremse versagt kläglich
Von Oliver Rast
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Neue kleine Bleibe für alte große? Kaum bezahlbar. Ergo: Wohnungswechsel fällt aus, Kartons bleiben leer

Es ist eine Art Luxusproblem: Von einer großen Wohnung wechseln in eine kleinere. Die Gründe oftmals: Kinder ziehen aus, Familienangehörige versterben; sprich: zu viele Zimmer für zu wenige Personen. Die Lösung, na klar, sich räumlich verkleinern. Nur, so einfach ist es dann doch nicht.

Denn Bestands- und Neuvertragsmieten klaffen in Ballungszentren immer weiter auseinander, verlautbarte die Großmaklerfirma JLL am Montag via Pressemitteilung. Die hohe Nachfrage nach Wohnraum und das vergleichsweise geringe Angebot hätten zu kräftigen Mietpreissprüngen bei Neuvermietungen geführt. »Die strenger regulierten Bestandsmieten konnten dabei nicht Schritt halten«, monieren die Immobilienchecker. Die Differenz zwischen alten und neuen Mietvertragsverhältnissen falle den JLL-Berechnungen zufolge in München mit 8,03 Euro pro Quadratmeter und in Berlin mit 7,47 Euro pro Quadratmeter am höchsten aus. Dahinter folgten Frankfurt am Main, Hamburg, Köln und Stuttgart mit einer Kluft von 4,80 bis 4,40 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Schlusslichter gibt es auch: Die geringsten Unterschiede wiesen die Städte Essen (1,70 Euro), Duisburg (1,56 Euro) und Dresden (1,45 Euro) auf.

Die Folge: Personen aus Mieterhaushalten würden Umzüge vermeiden, »weil sie bei der Neuanmietung mit deutlich höheren Wohnungsmieten rechnen müssten«, so die JLL-Analysten. Marielle Eifler vom Hamburger Mieterverein bestätigt das auf jW-Nachfrage am Montag: »Wir stellen solche ›Lock-in-Effekte‹ fest, Umzugswillige bleiben in ihren Wohnungen.« Klar, damit verringern sich Fluktuation und Anzahl inserierter Mietangebote. Anders ausgedrückt, der sogenannte marktwirtschaftliche Mechanismus versagt, »Angebot und Nachfrage finden in den Wohnungsmärkten der Metropolen unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht mehr zueinander«, wurde Sören Göbel von JLL Germany in der Mitteilung zitiert.

Bloß, wie führt man zusammen, was zusammengehört? Göbels Kollege Roman Heidrich hat da eine pfiffige Idee: »In Märkten mit einer besonders hohen Differenz zwischen Bestands- und Angebotsmieten sollte daher eine schnellere Annäherung der Bestandsmieten an das Marktniveau in Erwägung gezogen werden.«

Soweit kommt’s noch, wendet Ulrike Hamann-Onnertz ein. Die extrem hohen Neuvermietungsmieten müssten hingegen runter. Sie zeugten von einer schlecht kontrollierten Mietpreisbremse, betonte die Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins am Montag gegenüber jW. Das stimmt. »So wie die Mietpreisbremse aktuell ausgestaltet ist, funktioniert sie nicht, und ist damit ein Feigenblatt«, weiß Felicitas Sommer. Und sie muss es wissen. Die Wissenschaftlerin von der TU München hat dazu 10.000 Mieter befragt, berichtete Tagesschau.de am Montag. Ein Ergebnis: Zahlreiche Mieter haben keinen Schimmer von einer Mietpreisbremse in ihrer Stadt. Und ein weiteres Ergebnis von Sommers Studie: »Nur 2,4 Prozent der Befragten trauten sich, sie beim Vermieter einzufordern.« Zumal Mieter aktiv werden müssten, notfalls vor Gericht zu ziehen. Davor scheuen die allermeisten zurück. Aus Angst vor einem Konflikt mit dem Immohai.

Müsste der Staat nicht eingreifen? Nein, meint das Bundesbauministerium von Klara Geywitz (SPD) laut Tagesschau.de: »Wir haben keinen Babysitter-Nanny-Staat, der sich in Vertragsbeziehungen zwischen zwei Privatpersonen mischt.« Falscher Ansatz, findet wiederum Hamann-Onnertz. Denn: In angespannten Wohnungsmärkten der Hauptstadt dürften Neuvertragsmieten »nur« zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Eigentlich. Das werde oft von Vermietern ignoriert. Hamann-Onnertz: »Bund und Land Berlin schauen hier tatenlos zu, und das verschärft die Situation, weil die ungedeckelten Mieten ungebremst in die Mietspiegel einfließen.«

Und exakt deshalb brauche es einen Mietendeckel, fordert Katrin Schmidberger (Grüne) am Montag im jW-Gespräch. Um exorbitante Steigerungen etwa bei Neuvermietungen von nichtmodernisierten Wohnungen zu unterbinden, so die mietenpolitische Sprecherin ihrer Berliner Abgeordnetenhausfraktion. Dann klappt es vielleicht auch mit dem Wohnungswechsel: von groß nach klein.

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