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Aus: Ausgabe vom 31.07.2024, Seite 1 / Titel
Nahostkonflikt

Mob stürmt Folterknast

Israel: Festnahme von neun Soldaten wegen Vergewaltigungsvorwürfen. Ultrarechte solidarisieren sich mit ihnen
Von Jakob Reimann
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Nur mit Mühe konnte eine Befreiung der Festgenommenen verhindert werden (Gefangenenlager Sde Teiman, 29.7.2024)

Alle gegen alle: Ein Mob israelischer Faschisten, darunter ein Minister, ist am Montag in das berüchtigte israelische Foltergefängnis Sde Teiman eingedrungen, um sich mit neun Soldaten zu solidarisieren. Sie waren zuvor von der israelischen Militärpolizei festgenommen worden, weil sie einen palästinensischen Gefangenen fast zu Tode vergewaltigt haben sollen. Das Militär behauptet, der Mann gehöre einer Sondereinheit der Hamas an. Nach seiner Folter, bei der Gegenstände in sein Rektum eingeführt worden sein sollen, war er mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert worden. »Wegen des Verdachts auf erhebliche Misshandlungen« habe man eine Untersuchung eingeleitet, erklärte die israelische Armee am Montag gegenüber AFP. Während der Festnahme stieß die Militärpolizei zunächst auf massiven Widerstand der Soldaten, die sich in der Einrichtung verbarrikadierten und Pfefferspray gegen ihre Kollegen einsetzten, berichtete ­Middle East Eye.

Angestachelt von Mitgliedern der ultrarechten Regierungskoalition, marschierten darauf faschistische, sich aus der Siedlerbewegung rekrutierende Schlägertrupps auf das in der Wüste Negev liegende Sde Teiman, um ihre Unterstützung für die mutmaßlichen Vergewaltiger zu bekunden. Einigen – teils vermummten – Faschisten gelang es, in das Folterlager einzudringen. Laut Videoaufnahmen, berichtet die Internetzeitung The Times of Israel, befanden sich neben dem Minister für kulturelles Erbe, Amihai Ben-Elijahu, auch drei weitere extrem rechte Abgeordnete aus Netanjahus Regierungskoalition in dem Mob. »Das ist kein Aufstand«, zitiert Haaretz Oppositionsführer Jair Lapid, »das ist ein Putschversuch einer bewaffneten Miliz gegen einen schwachen Premierminister«. Die neun mutmaßlichen Folterer wurden schließlich zum Verhör in die Basis Beit Lid verlegt, wo sich erneut ein Mob versammelte, um auch diese Basis zu stürmen.

Die Proteste stellten eine »schwere Gefährdung der Staatssicherheit« dar, meinte Verteidigungsminister Joaw Gallant laut dpa. Scharfe Kritik kam auch von Generalstabschef Herzi Halevi, der sich in erster Linie jedoch nicht daran störte, dass ihm unterstellte Soldaten eine Festnahme verhindern wollten. Dem obersten Militär im Land ist der Vorfall ganz grundsätzlich unangenehm, da sich Israel »mitten in einem Krieg« befinde und solche Aktionen die Kriegsanstrengungen gefährdeten. Laut israelischen Medien wolle das Militär drei Bataillone verlegen, um weitere Proteste zu unterbinden. Neben dem Krieg gegen die Zivilbevölkerung in Gaza und dem drohenden zweiten großen Krieg gegen die Hisbollah im Libanon soll jetzt scheinbar im Innern eine weitere Front eröffnet werden, um faschistische Schlägertrupps in die Schranken zu weisen.

»Glücklich ist das Land, dessen Justiz seine Gesetze und Werte aufrechterhält«, kommentierte vollkommen weltfremd der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, am Montag abend die Ereignisse. »Dass Israel ein solches Land ist, ist eine der Säulen unserer Freundschaft.« Israels faschistischer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir trübte indessen Seiberts Phantasie vom funktionierenden Rechtsstaat, als er sich schützend vor die mutmaßlichen Folterknechte und Vergewaltiger stellte: »Nehmt eure Hände von den Reservisten«, schrieb er auf X. Die Verhaftungen seien »beschämend« und die neun beschuldigten Soldaten die »größten Helden«.

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