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Aus: Ausgabe vom 18.04.2024, Seite 8 / Ansichten

Elder Statesman des Tages: Gerhard Schröder

Von Felix Bartels
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Er wolle nichts anders, nur besser machen, hatte Gerhard Schröder 1998 gesagt. Dann machte er nichts anders und alles schlechter: Kriege, Armutsagenda, nassforsche Sätze. Eine Elefantenrunde im Suff beendete das ganze. 19 Jahre später ist von ihm wenig geblieben. Tröstlich vielleicht. Helmut Schmidt musste in diesem Alter von Talkshow zu Talkshow hopsen.

Allein, nicht einsam, blickt Schröder jetzt zurück. Seinen 80. Geburtstag betreffend sagte er am Mittwoch gegenüber Bunte, dem Fachjournal für Familienfragen: »Wer meint, nicht wollen zu dürfen, der kommt eben nicht.« Nett, dass die Leute nicht kommen müssen. Nett auch, dass sie das wollen dürfen. Obwohl sie das natürlich bloß meinen, Gerd weiß besser, was sie wollen. Putin war, wie man hört, auch nicht da. Ob die Freundschaft ein Fehler war, will Bunte wissen. »In meiner Amtszeit haben wir gut zusammengearbeitet, daraus entstand eine Freundschaft. Diese Beziehung könnte nützlich sein«. War sie ja auch, zumindest für Gasprom-Gerd. Aber hier geht es ausnahmsweise mal um den Rest der Welt: »… einen kleinen Beitrag zur Beendigung des Krieges zu leisten, indem man gesprächsfähig bleibt«. Wie sagt Colonel Hannibal so gern: Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.

Frau Schröder kam dann auch noch zu Wort. Ja, die mit den Hagebutten. Und ganz bechdeltestmäßig redet die Frau, wenn sie denn mal reden darf, vor allem über ihren Mann: »Nach außen hin hat er diese Bestimmtheit, sein Basta-Image.« Aber »er kann sehr feinfühlig, fast dünnhäutig sein«. Autoritärer Charakter und kränkbares Seelchen – wer hätte das gedacht? Er weine bei rührenden Filmen, und ein Herz für Obdachlose besitze der Hartz-IV-Kanzler ebenfalls. »Wenn wir Handwerker haben, versorgt er sie mit Frühstück.« Vermutlich mit dem Kitt vom Fensterrahmen. Hat ihm auch nicht geschadet.

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  • Leserbrief von Ullrich-Kurt Pfannschmidt (18. April 2024 um 10:24 Uhr)
    Dass Schröders Beziehung zu seinem gewesenen Arbeitgeber Putin für ihn, Schröder, nützlich war, stimmt zweifellos. Jedenfalls hat sie ihm gewiss Millionen (oder gar Milliarden?) eingebracht, sodass er sich im Kreise der russischen Oligarchen sehen lassen kann. – Aber war seine Beziehung auch anderweitig nützlich? Gesprächsfähigkeit ist gut, aber konnte er damit wirklich einen kleinen Beitrag zur Beendigung des Krieges leisten? Von Erfolgen, selbst kleinen, habe ich bisher nichts gehört. – Noch was: Warum wird Schröder von niemand gefragt, ob er seinen Freund Putin immer noch für einen »lupenreinen Demokraten« hält?

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