4. Mai, Diskussion zu Grundrechten
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Aus: Ausgabe vom 06.04.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Naher und Mittlerer Osten

Niederlage absehbar

USA und Israel geraten militärisch und diplomatisch zunehmend in Bedrängnis
Von Wiebke Diehl
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Von den Ansarollah versenkt: Der britische Frachter »Rubymar« (8.3.2024)

Man könne die jemenitischen Ansarollah (»Huthis«) von der Liste terroristischer Organisationen streichen, wenn diese ihre Angriffe auf Fracht- und Militärschiffe einstellten. Das erklärte der US-Sondergesandte für den Jemen, Timothy Lenderking, am Mittwoch im Oman gegenüber Reportern. Implizit musste Lenderking eingestehen, dass die USA die laut US-Militärkommandeuren »größte Seeschlacht seit dem Zweiten Weltkrieg« gegen die Ansarollah verloren haben. Eine militärische Lösung gebe es nicht, fasste er die Tatsache zusammen, dass die im Dezember von Washington aufgestellte Marinemission »Wächter des Wohlstands« (Operation Prosperity Guardian) die Angriffe der Ansarollah nicht eindämmen konnte. Sie richtet sich gegen Schiffe mit Israel-Bezug und seit Beginn der US-amerikanisch-britischen Angriffe auf den Jemen auch gegen deren Fracht- und Militärschiffe. Hinzu kommt, dass der Einsatz von US-Raketen im Wert von je zwei Millionen US-Dollar höchst kostspielig ist, während sich die Ansarollah 2.000 US-Dollar teurer, in Eigenproduktion hergestellter Raketen bedienen.

Ansarollah-Anführer Abd Al-Malik Al-Huthi hatte schon Mitte März angekündigt, man werde künftig Schiffe auch im Indischen Ozean angreifen, die sich auf der Ausweichroute um das Kap der Guten Hoffnung befinden. Zudem wurde bekannt, dass die De-facto-Herrscher des Nordjemen inzwischen über Hyperschallraketen verfügen. Infolge der Ansarollah-Angriffe lief in diesem Jahr noch kein einziges Schiff in den israelischen Hafen von Eilat ein, dessen Einnahmen seit Beginn des Gazakriegs um 80 Prozent eingebrochen sind. Die Hälfte der 120 Hafenmitarbeiter soll entlassen werden.

Russland und China gegenüber haben die Ansarollah derweil wiederholt versichert, dass Schiffe beider Länder das Rote Meer, den Golf von Aden und den Indischen Ozean sicher durchqueren könnten. Die Regierungen in Moskau und Beijing haben die durch die USA und ihre Verbündeten, darunter auch die EU mit der Operation »Eunavfor Aspides«, vorangetriebene Militarisierung des Roten Meers und die US-amerikanischen und britischen Angriffe auf den Jemen scharf kritisiert und zu einem sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen aufgerufen. Der UN-Sicherheitsrat habe »niemals einem Land erlaubt, Gewalt gegen den Jemen anzuwenden«, so Chinas UN-Gesandter Geng Shuang Anfang März vor dem Gremium.

Die USA und Israel verlieren auch an der diplomatischen Front. Ihre Versuche, ein »Normalisierungsabkommen« zwischen Israel und Saudi-Arabien zu verhandeln, haben wegen des Gazakriegs wenig Aussicht auf Erfolg. Nach der Tötung von sieben internationalen humanitären Helfern der Organisation World Central Kitchen durch die israelische Armee sollen selbst die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) laut dem israelischen TV-Sender I 24 News ihre diplomatische Koordination mit Israel am Donnerstag eingestellt haben. Die VAE, seit vielen Jahren der engste arabische Verbündete Israels, der mit Tel Aviv schon seit langem geheime Beziehungen unterhält, hatten ihre im Jahr 2020 im Rahmen der »Abraham-Abkommen« zu Israel aufgenommenen diplomatischen Beziehungen bislang aufrechterhalten und das vom Seeweg abgeschnittene Tel Aviv mit Nahrungsmitteln versorgt. Dass vergangene Woche ein hochrangiger Hisbollah-Vertreter die VAE besuchte, um dort über die Freilassung Gefangener zu verhandeln, könnte ebenfalls auf einen zumindest vorsichtigen Kurswandel der Emirate hinweisen – was sowohl Washington als auch Tel Aviv große Sorgen bereiten dürfte.

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