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Aus: Ausgabe vom 29.02.2024, Seite 3 / Schwerpunkt
Immobilienspekulation

Der Spekulant und seine Förderer

Namhafte Politiker rollten dem Immobilieninvestor den roten Teppich aus, vorneweg Olaf Scholz
Von Gudrun Giese
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Im Volksmund »der kurze Olaf« genannt: »Elbtower«-Baustelle in Hamburg (23.2.2024)

Zwar hatte René Benko in der Geschäftswelt lange keinen guten Ruf, doch konnte er schon früh Politiker auf seine Seite bringen. In Hamburg pflegte er bereits 2013 einen persönlichen Kontakt zum damaligen Ersten Bürgermeister der Hansestadt, Olaf Scholz (SPD), mit dem er über die Übernahme des noblen Alsterhauses aus der Karstadt-Familie und über weitere Immobilieninvestments redete. In der ARD-Dokumentation »Der Zocker und die Politik« (Erstausstrahlung: 7.2.2024) wurde außerdem berichtet, dass Scholz noch kurz vor seinem Wechsel an die Spitze des Bundesfinanzministeriums 2018 das mit Benkos Signa-Konzern ausgehandelte Mammutprojekt »Elbtower« vorstellte, als wäre es »sein Baby«, so der ehemalige Linken-Abgeordnete Fabio De Masi (jetzt Bündnis Sahra Wagenknecht) in der Doku. Ohne Beteiligung des Stadtparlaments, der Hamburger Bürgerschaft, ging das städtische Grundstück für das gigantische Hochhaus in bester Lage an Benko. 122 Millionen Euro zahlte der Signa-Konzern dafür und musste auch nichts drauflegen, nachdem in den späteren Planungen die Geschossfläche kräftig erhöht wurde. Scholz’ Nachfolger im Amt des Ersten Bürgermeisters, Peter Tschentscher (SPD), setzte die Kooperation mit Benko fort. Und Exbürgermeister Ole von Beust (CDU) schloss mit seiner Werbeagentur einen Beratervertrag mit Signa zum Zwecke der »Elbtower«-Promotion.

Eine sehr gute Connection unterhielt Benko auch zum Bundeswirtschaftsministerium des damaligen Ministers Peter Altmaier (CDU), dort insbesondere zu Staatssekretär Ulrich Nußbaum (parteilos), der auch schon mal Berliner Finanzsenator gewesen war. Obwohl das insolvente Warenhausunternehmen Galeria Karstadt-Kaufhof 2020 und 2022 nicht die Voraussetzungen erfüllte, Mittel aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds zu erhalten, flossen in zwei Tranchen insgesamt 680 Millionen Euro. Der Berliner Senat sagte Signa Baugenehmigungen für Umbauten, Abrisse und Neubauten an verschiedenen Warenhausstandorten wie dem Kurfürstendamm, dem Hermann- und dem Alexanderplatz zu. Im Gegenzug verpflichtete sich das Unternehmen – zu nichts, gab lediglich eine unverbindliche Zusage, einige Warenhäuser eventuell erst etwas später zu schließen. In Berlin tat sich vor allem der frühere Bundesaußenminister Joseph Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) mit seiner Agentur als Lobbyist für die Benko-Projekte hervor. Mit den Signa-Insolvenzen dürften sich nun die Verwertungsideen für die vielen Investments neu sortieren. Der unfertige »Elbtower« hat bisher etwa ein Drittel der geplanten Höhe erreicht, heißt deshalb im Volksmund »Der kurze Olaf« und harrt der Fertigstellung.

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