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Aus: Ausgabe vom 26.02.2024, Seite 4 / Inland
CDU in Thüringen

Zurück an die Macht

CDU Thüringen wählt Landesliste. Spitzenkandidat schließt Koalition mit AfD und Linkspartei aus
Von Kristian Stemmler
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Mario Voigt (CDU, l.) und Bodo Ramelow (Die Linke) im Thüringer Landtag (10.11.2022)

In Thüringen will die CDU nach zehn Jahren Opposition wieder an die Macht. Als Spitzenkandidat für die Landtagswahl im September hat eine Landesvertreterversammlung am Sonnabend in Ilmenau erwartungsgemäß den Landes- und Fraktionschef Mario Voigt an die Spitze der Landesliste gewählt. Er erhielt 91,7 Prozent der Stimmen – traditionell berücksichtigt die Partei dabei Enthaltungen nicht. In seiner Bewerbungsrede machte Voigt klar, dass es mit ihm nach der Wahl weder eine Koalition mit der Linkspartei von Ministerpräsident Bodo Ramelow noch mit der AfD unter Björn Höcke geben werde.

Voigt trat damit Diskussionen entgegen, die CDU könnte angesichts der absehbar schwierigen Mehrheitsverhältnisse nach der Wahl auf die Linke zugehen müssen, um einen AfD-Ministerpräsidenten zu verhindern. Voigt schloss ausdrücklich nur eine Koalition mit der Linken aus, nicht jedoch andere Formen der Zusammenarbeit. Sollte die CDU im September zweitstärkste Kraft hinter der AfD werden, hätte er vermutlich kein Problem damit, sich als Ministerpräsident von der Linken tolerieren zu lassen – so wie die CDU derzeit die Regierung unter Ramelow toleriert. Laut einer INSA-Umfrage vom Januar lag die CDU in Thüringen mit rund 20 Prozent hinter der AfD (31 Prozent), aber vor der Linkspartei (15 Prozent).

»Wir wollen politische Verantwortung übernehmen«, erklärte Voigt bei der Versammlung und kritisierte, die »rot-rot-grüne« Landesregierung sei müde und kraftlos. Thüringen sei im Vergleich zu anderen Bundesländern unter anderem beim Wirtschaftswachstum und in der Bildung zurückgefallen. Im Wahlkampf solle vor allem deutlich gemacht werden, wofür die CDU stehe. »Lasst uns in diesem Jahr nicht soviel über andere reden«, forderte er die Delegierten auf.

Als politische Ziele seiner Partei nannte der Spitzenkandidat unter anderem die Stärkung von Familien mit Kindern, die Entbürokratisierung, mehr Unterstützung »für die Fleißigen in diesem Land« und eine Gesundheitsversorgung, bei der jeder Thüringer innerhalb von 20 Minuten einen Arzt oder eine Apotheke erreichen könne. Daneben solle »mehr Ordnung« in der Migrationspolitik geschaffen werden. »Wir müssen die Zuwanderung in den Griff bekommen«, so Voigt.

Gewählt wurde eine Landesliste mit 88 Kandidaten und somit für alle Sitze im Landtag. Hinter Voigt belegte die Landtagsabgeordnete Beate Meißner mit 81,1 Prozent der Stimmen den zweiten Platz. Zur Spitzenkandidatin für die EU-Wahl am 9. Juni wurde Marion Walsmann gewählt. Die 60jährige Erfurterin, die bereits Abgeordnete des EU-Parlaments ist, erhielt 98,6 Prozent der Stimmen ohne Enthaltungen.

Nicht auf die Landesliste kam Voigts Vorgänger Mike Mohring. Der Landesvorstand hatte Mohring im Dezember aufgefordert, auf sämtliche Ämter zu verzichten, nachdem bekannt geworden war, dass Rechnungen für eine Privatfeier von ihm möglicherweise über die CDU abgerechnet worden sind. Sein Kreisverband Weimarer Land hatte Mohring noch vor dem Vorfall als Direktkandidat für die Landtagswahl aufgestellt. Gegenüber dpa erklärte er am Sonnabend, er sei »nicht im Groll« und werde seine Partei »tatkräftig unterstützen«.

Ramelow reagierte verschnupft auf die Äußerungen. Wer wie Voigt die Linke und die AfD in einem Atemzug nenne, lerne nicht dazu. Die Thüringer AfD werde dadurch verharmlost: »Und meine Partei wird dämonisiert. Das halte ich für deplaziert«, so der amtierende Ministerpräsident. Die CDU müsse keinen Koalitionswahlkampf führen, dazu seien die Unterschiede zwischen Linkspartei und Christdemokraten zu groß. Wichtig sei vor allem, die »Demokratie zu stärken«. Dafür werde er »alles tun« – also wohl auch einen CDU-Ministerpräsidenten tolerieren.

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