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26.05.2023 / Presseerklärung

PM junge Welt: Historiker Vijay Prashad über Indiens Stellung in der Welt

»Die Regierung Modi ist nicht plötzlich antiimperialistisch geworden. Sie ist eine nationalistische Regierung, die das nationale Interesse von der Unterwerfung unter den US-Imperialismus beeinträchtigt sieht«. So erklärt der in den USA lebende indischstämmige Historiker Vijay Prashad im Wochenendgespräch mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung junge Welt (Wochenendausgabe 27./28. Mai 2023) die Politik der seit zehn Jahren in Indien regierenden hindunationalistischen BJP unter Premierminister Narendra Modi. Der Anschluss an Bündnissen wie BRICS, die für Mulilateralismus eintreten, sei keine »Blockfreiheit, die durch den antiimperialistischen Kampf der Massen ermöglicht wurde«, betont Prashad, sondern eine »Blockfreiheit von oben«.

»Ein Abbruch der Handelsbeziehungen mit Russland und China würde sich negativ für Indien auswirken. Daher ist die indische Regierung derzeit nicht bereit, die Beziehungen zu Russland zu kappen, trotz des Drucks, den die westlichen Staaten ausüben«, meint der Leiter des Tricontinental Institute for Social Research mit Sitz in Neu-Delhi, der 2021 an der von junge Welt veranstalteten XXVII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin teilnahm.

»Die westlichen Kriegerstaaten haben versucht, eine antagonistische Dynamik zu erzeugen, indem sie die Länder des globalen Südens aufforderten, mit Russland zu brechen oder militärische Bündnisse gegen China zu stiften«, kritisiert Prashad. »Der Westen muss zu kooperieren lernen und die Philosophie der Konfrontation aufgeben. Der Planet ist mit zu vielen Bedrohungen konfrontiert – Klimawandel, soziale Ungleichheit – als dass diese konfrontative Haltung in den kommenden Jahrzehnten fortgesetzt werden könnte.«

Das Wirtschaftswachstum im bevölkerungsreichsten Land der Erde sei nicht auf eine Verbesserung des Lebensstandards der indischen Arbeiter und Bauern zurückzuführen, dieser sei im Gegenteil rapide gesunken, so Prashad. Doch habe es einen »historischen Bauernaufstand« gegeben und die Regierung musste Gesetze zur Privatisierung der Landwirtschaft zurückziehen, auch seien Gesetze zur Verlängerung des Arbeitstages gestoppt worden. »Der Klassenkampf in Indien ist lebendig, aber er hat sich nicht in Wahlerfolge ummünzen lassen«, so der Historiker, der darin auch eine Folge des Hindu-Nationalismus als Ideologie der neofaschistischen Kräfte Indiens sieht.

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