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Aus: Ausgabe vom 28.06.2025, Seite 2 / Inland
Protest gegen Air Base Ramstein

»Junge und Alte werden unter den Folgen leiden«

Kaiserslautern: Protest gegen Kriege der USA sowie Basis in Ramstein als Drehscheibe für Waffenlieferungen. Ein Gespräch mit Ann Wright
Interview: Gitta Düperthal
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Seit zehn Jahren werden unter dem Motto »Stopp Air Base Ramstein« Proteste gegen die US-Militärbasis organisiert (Kaiserslautern, 10.7.2021)

Mit dem Slogan »Stopp Air Base Ramstein« wird die Antikriegsbewegung an diesem Sonnabend gegen die Kriegführung der USA protestieren. Was ist Anlass für diese Kundgebung gegen den Militärstützpunkt nahe Kaiserslautern?

Als größter US-Luftwaffenstützpunkt in Europa ist Ramstein Symbol für das Nutzen europäischer Militärbasen für Angriffe in der ganzen Welt. Mutmaßlich wird die Militärbasis für Transfers von Waffen nach Israel genutzt, und auch um den Iran-Krieg mit US-Bomben zu befeuern. Ramstein dient als logistische Drehscheibe für viele der blutigen US-Kriege. Die Air Base ist für die US-Kriegsmaschinerie relevant. Wichtig ist, dass die deutsche Öffentlichkeit dagegen aufsteht – und nicht hinnimmt, dass die USA hier so weitermachen wie bisher.

Sie sind im Friedenscamp in Kaiserslautern. Wie ist die Atmosphäre dort?

Hier geht es lebendig zu. Von überall aus der Republik reisen Aktivisten an, um über die fortschreitende Militarisierung der Gesellschaft zu diskutieren. Entsetzen herrscht darüber, dass beim NATO-Gipfel in Den Haag am Mittwoch nahezu alle Regierenden europäischer Länder befürworteten, fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militärzwecke auszugeben. Ob in den USA oder hierzulande: Wir können es nicht hinnehmen, dass die Regierungen das Geld der Bürger für ihre Tötungsmaschinerien zweckentfremden, statt es fürs Gemeinwohl auszugeben.

Welche Konsequenzen befürchten Sie?

Es ist furchtbar, dass alle europäischen Regierungen – außer der spanischen – sich den absurden Forderungen des amerikanischen Präsidenten unterwerfen – und nicht den Anstand und das Rückgrat hatten, gegen ihn aufzustehen. Die fünf Prozent der Wirtschaftsleistung müssen ja irgendwo herkommen: Das wird die Zukunft der Menschen und ihrer Kinder betreffen, für deren Bildung kein Geld mehr vorhanden sein wird. Junge und alte Menschen werden leiden, weil Gesundheits- und Fürsorgesysteme verarmen. Die Regierenden Europas stimmten zu, ihre Rüstungskonzerne und die der USA mit Steuergeld zu versorgen, weil sie der von ihnen selber in die Welt gesetzten Propaganda glauben, Russland würde ganz Europa bedrohen. Ja, Russland hat die Ukraine überfallen: Aber das kann kein Grund sein, Militärbudgets in allen europäischen Ländern mehr als zu verdoppeln.

Abgesehen von der angeblichen russischen Bedrohung geht es ja auch darum, die Profite der Monopole zu sichern, vor allem angesichts der schlechten Lage in der zivilen Industrie.

Es entspricht der Logik des Kapitalismus, eine potentielle Bedrohung zu missbrauchen, um die Profiteure von Waffenkonzernen zu bereichern und so das soziale Leben der Gesellschaft zu gefährden. Ich hoffe, dass die europäische Bevölkerung sich nun stärker engagieren wird, wenn ihre Sicherheit auf dem Spiel steht. Doch auch in den USA gelang es nicht, mehr als 50 Prozent dazu zu bewegen, nein dazu zu sagen.

Beteiligt sich die US-Friedensbewegung an den aktuellen Massenprotesten gegen die Trump-Regierung?

Wenn die Trump-Administration den Iran bombardieren lässt, gefährdet das die nationale Sicherheit. Dass sie damit in dem Moment beginnt, in dem sich in mehr als 2.000 Städten Millionen Menschen dagegen wehren, dass Militär an den US-Grenzen eingesetzt und Migranten in Gefängnisse gesperrt werden, ist bittere Ironie. Allerdings wird das noch mehr Menschen dazu bringen, Widerstand zu leisten.

Welche Verbindungen bestehen zwischen den Bewegungen in den USA und Europa?

Beide Friedensbewegungen wachsen und werden hart kämpfen. Ziel ist, dass kein Geld mehr für Waffenlieferungen ausgegeben wird, weder für Israels Kriegspolitik, noch für Bomben gegen den Iran. Seit dessen Bombardierung durch die USA engagieren sich auch Aktive aus den Bewegungen fürs Klima oder für Migranten für den Frieden. Hier wird es darum gehen, dass europäische Regierungen die Trump-Forderungen allgemeiner Militarisierung nicht umsetzen. In den USA werden wir auch an den Kongress appellieren, den Einsatz des Militärs gegen die eigene Bevölkerung zu stoppen.

Ann Wright ist ehemalige Angehörige der US-Armee im Rang eines Obersten außer Dienst und war zudem Diplomatin. Sie ist in der US-Antikriegsbewegung aktiv.

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