Gipfel der Spaltungen in Brüssel
Von Jörg Tiedjen
Wenn die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder auf ihrem Gipfeltreffen in Brüssel am Donnerstag und Freitag Geschlossenheit demonstrieren wollten, dann ist ihnen dies gründlich misslungen. Nicht einmal zur Ukraine ließ sich der erforderliche Konsens herstellen. So musste die Verabschiedung des mittlerweile 18. Sanktionspakets gegen Russland wegen des Widerstands der Slowakei und Ungarns zunächst auf kommende Woche verschoben werden. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico hatte bei der Zusammenkunft deutlich gemacht, dass er seine Zustimmung erst dann geben werde, wenn die künftige Energieversorgung seines Landes gesichert ist. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán erklärte am Freitag laut Reuters, dass Fico seine Unterstützung habe. Wegen der fehlenden Einstimmigkeit werden in der Abschlusserklärung lediglich die anhaltenden russischen Bombardierungen von ziviler Infrastruktur verurteilt, von Moskau wird eine sofortige Waffenruhe gefordert. Zudem will die EU ihre Anstrengungen zur Aufrüstung des ukrainischen Militärs verstärken.
Zum Nahen Osten zeigten sich die EU-Mitglieder ebenfalls gespalten. So fordern sie in ihrem Abschlussstatement zwar von Israel eine bessere Versorgung der palästinensischen Bevölkerung in Gaza und von der Hamas eine Freilassung der israelischen Geiseln. Zudem wird die Siedlergewalt im Westjordanland kritisiert. Konsequenzen hat aber vor allem Israel nicht zu befürchten. Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz hatte bereits im Vorfeld klargemacht, dass er eine mögliche Suspendierung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel wegen dessen Kriegsverbrechen ablehne. Vage bleibt auch die Stellungnahme zu den Angriffen Israels und der USA auf Iran – sie werden laut Reuters weder ausdrücklich kritisiert noch begrüßt. Statt dessen wird von beiden Seiten gleichermaßen »Zurückhaltung« gefordert. Die EU betont aber, dass Iran niemals in den Besitz von Atomwaffen gelangen dürfe – während Israel seit langem welche besitzt. Merz hatte sich schon vor dem Brüsseler Treffen hinsichtlich des Kriegs gegen Iran auf die Seite der Angreifer gestellt.
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