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Aus: Ausgabe vom 24.06.2025, Seite 9 / Kapital & Arbeit
Kongos Rohstoffreichtum

Preis der Nachhaltigkeit

DR Kongo: Kinshasa verlängert Exportstopp für Kobalt. Machtkampf zwischen Regierung und Grubenkonzernen
Von Lars Lange
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Der Konflikt im Ostkongo zwingt Hunderttausende zur Flucht aus ihrer Heimat (Goma, 23.1.2025)

Die Demokratische Republik Kongo hat am Freitag das seit Februar geltende Kobaltexportverbot um weitere drei Monate verlängert. Die Entscheidung ließ die Preise des Batterierohstoffs um über neun Prozent auf ein Dreimonatshoch schnellen. Das Pfund Kobalt, das im Februar nur zehn US-Dollar kostete, liegt nun bei 15,80 Dollar – ein Plus von fast 60 Prozent in vier Monaten. Marktbeobachter warnen bereits vor einer globalen Versorgungslücke von über 100.000 Tonnen, sollte der Exportstopp wie geplant bis September anhalten.

Die Demokratische Republik Kongo sitzt auf einem der größten Schätze der Erde: Mineralien im Wert von 24 Billionen Dollar schlummern unter dem roten Boden des zentralafrikanischen Landes. Kobalt, Kupfer, Gold, Diamanten – die Rohstoffe, die unsere Smartphones zum Leben erwecken und Elektroautos antreiben, kommen zu drei Vierteln aus dem Kongo. Doch von diesem Reichtum kommt bei den Menschen vor Ort praktisch nichts an: Drei Viertel der Kongolesen leben von weniger als 2,15 Dollar am Tag – weniger als der Preis eines Kaffees in Berlin.

Kobalt verliert als Batterierohstoff an Bedeutung. Immer mehr Autohersteller setzen auf günstigere, kobaltfreie LFP-Batterien (Lithiumeisenphosphat). Teslas Model 3 kommt bereits ohne aus, ebenso wie chinesische Hersteller wie BYD. In teureren NCM-Batterien (Nickel-Kobalt-Mangan) wird das Metall allerdings weiter verbaut. Die größten Kobaltproduzenten im Land heißen CMOC Group (China) und Glencore (Großbritannien/Schweiz). Ihre Gewinne fließen an Shareholder im Ausland, statt im Land zu bleiben.

Der aktuelle Kobaltbann ist mehr als nur ein Markteingriff – er ist der Höhepunkt jahrelanger Machtkämpfe zwischen der kongolesischen Regierung und den Grubenkonzernen. Besonders explosiv ist das Verhältnis zu CMOC Group, dem chinesischen Weltmarktführer. Bereits 2022 stoppte die Regierung für ein Jahr dessen Exporte wegen Steuerstreitigkeiten – der Konzern musste schließlich 800 Millionen Dollar Nachzahlungen leisten. Noch im Mai forderte CMOC-Vizepräsident Kenny Ives die Aufhebung des Banns.

Ganz anders verhält sich Glencore, obwohl der Konzern eine schmutzige Vergangenheit im Kongo hat. So zahlte Glencore 2022 etwa 180 Millionen Dollar Strafe für systematische Korruption zwischen 2007 und 2018. Allein bei der Übernahme der Kamoto-Mine erschlich sich das Unternehmen durch undurchsichtige Verhandlungen einen »Rabatt« von 440 Millionen Dollar. Aktuell streitet Glencore mit den Behörden um weitere 800 Millionen Euro an angeblich unbezahlten Steuern. Doch Glencore unterstützt den Exportbann und das geplante Quotensystem – denn höhere Preise bedeuten mehr Profit für die eigenen Lagerbestände.

Der Kampf um Kongos Schätze ist längst geopolitisch: Die USA wollen mit Kinshasa ein Mineralienabkommen abschließen, um der chinesischen Dominanz entgegenzuwirken. Dabei wird um die Bodenschätze nicht nur in Verhandlungsräumen, sondern auch mit Waffen gekämpft. Seit 2012 terrorisiert die »M 23«-Miliz den Osten des Landes und kontrolliert wichtige Handelsstädte wie Goma und Bukavu – die Zentren des Gold- und Coltanabbaus. Hinter »M 23« steckt nach Einschätzung von Experten Ruanda, das vom kongolesischen Reichtum profitieren möchte.

Zwischen 500.000 und zwei Millionen Menschen arbeiten im Kleinbergbau, oft unter katastrophalen Bedingungen und ohne jede Sicherheitsausrüstung. Viele davon sind Kinder, die in den Minen schuften, statt zur Schule zu gehen. Die Flüsse, aus denen die Gemeinden ihr Trinkwasser schöpfen und ihre Fische fangen, sind längst verseucht, Fischer, die einst ihre Familien ernähren konnten, sind in tiefe Armut gestürzt.

Experten sprechen bereits von einer »grünen Opferzone« – einem Gebiet, das im Namen der weltweiten Klimawende systematisch zerstört wird. Während Elektroautos in Europa und in den USA als Symbol der Nachhaltigkeit gefeiert werden, zahlen die Kongolesen den Preis für diese vermeintlich saubere Technologie mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben.

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