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Aus: Ausgabe vom 24.06.2025, Seite 2 / Ausland
Nahost

Israel bombt für Umsturz im Iran

Angriffe auf Repressionseinrichtungen. Widersprüchliches aus Washington
Von Jörg Kronauer

Israel intensiviert seine Bestrebungen, einen Umsturz in Iran herbeizubomben. Am Montag zerstörten die israelischen Streitkräfte mit einem Luftangriff das Eingangstor des berüchtigten Evin-Gefängnisses, in dem insbesondere Regierungsgegner festgehalten werden. Ziel war es offenbar, ihnen ein Entkommen zu ermöglichen, um die iranische Opposition zu unterstützen und innere Unruhen zu schüren. Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz berichtete darüber hinaus, es seien das Hauptquartier der Basidsch-Miliz und das Hauptquartier der Revolutionsgarden für innere Repression attackiert worden. Schon vor mehreren Tagen hatte Israel das Hauptquartier der Polizei in Teheran attackiert. Die Angriffe – gepriesen als Schläge gegen Institutionen, die für brutale Repression berüchtigt sind – schwächen systematisch die Fähigkeit der Regierung, im Krieg die staatliche Ordnung aufrechtzuerhalten und Chaos zu verhindern.

Bereits am Sonntag hatte US-Präsident Donald Trump in Sachen Regime-Change eine offene Kehrtwende vollzogen. Hatte seine Regierung bislang jeden Plan abgelehnt, einen Umsturz in Teheran herbeizuführen, so postete Trump nun, wenn »das gegenwärtige iranische Regime« nicht in der Lage sei, »Iran wieder großartig zu machen« (»Make Iran Great Again«), »warum sollte es dann keinen Regime-Change geben?« Allerdings kamen aus Washington weiter widersprüchliche Signale. So wurden die Mitarbeiter des persischsprachigen Dienstes des regierungsfinanzierten Senders ­Voice of America, die erst vor einer guten Woche aus ihrem Zwangsurlaub gerufen worden waren, um Iran mit prowestlicher Agitation zu beschallen, am Freitag gemeinsam mit mehr als 600 Angestellten des Senders endgültig entlassen.

Unterdessen haben der in den USA ansässige Sohn des Schahs und »Kronprinz« Reza Pahlavi sowie die in Frankreich ansässige Vorsitzende der Volksmudschaheddin Maryam Rajavi ihre Aufrufe zum Sturz der Regierung wiederholt. Pahlavi kann dabei auf Unterstützung seitens der westlichen Staaten setzen. Im April 2023 hatte er Israel besucht und dort Mitglieder der Regierung getroffen. Im Februar 2025 hatte die Münchner »Sicherheitskonferenz« eine Einladung an ihn erst in letzter Minute zurückgezogen. Pahlavi ist allerdings im Iran selbst ähnlich unpopulär wie die Volksmudschaheddin.

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  • Leserbrief von Frank Lukaszewski aus Oberhausen (24. Juni 2025 um 06:31 Uhr)
    Hinsichtlich des »Iran-Problems« sind einfache Antworten eher weniger zu finden. Auf der einen Seite scheint es selbst mir als Nichtjuristen offensichtlich zu sein, dass das Vorgehen der USA nicht legal sein kann. Man darf wohl unbedenklich von einem Bruch des Völkerrechtes ausgehen. Andererseits steht die Frage der Legitimität im Raum. Zu verhindern versuchen, dass das religionsfaschistische Regime jener Ayathollas eine Atombombe konstruiert, sollte nicht ganz falsch sein. Dieses Massenmordinstrument in den Händen islamistischer, reaktionärer Fanatiker wäre fatal problematisch ist selbstverständlich, dass keine sozialistischen Revolutionäre dem Iran gegenüberstehen. Es sind Imperialisten auf lokaler (Israel) und internationaler (USA) Ebene. Zumindest den Vereinigten Staaten sind Handlungen legaler als auch legitimer Art in der Regel eh wurscht, moralische Hintergründe in der Regel nie zu erkennen. By the Way: In den Europäern, als institutionalisierte Form EU genannt, erkennt man auch in diesem Fall global nicht ernstgenommene, eigenständige Akteure. Sie sind und bleiben der imperialistische Appendix der USA.
  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (23. Juni 2025 um 22:08 Uhr)
    Welches Recht zur Einmischung? Bereits 1953 hat der sogenannte »Wertewesten« schwerwiegende Fehler begangen, als er sich in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates einmischte – etwa durch die Zerschlagung demokratisch gewählter Strukturen im Iran. Die heutigen Umstände mögen sich in mancher Hinsicht unterscheiden, doch das grundlegende Problem bleibt: Mit welchem Recht mischt man sich erneut von außen ein? Kein Staat und keine Macht sollte sich anmaßen, über das Schicksal eines anderen Volkes zu entscheiden. Jeder Mensch und jede Nation muss das Recht haben, ihren eigenen Weg zu gehen – ohne äußeren Zwang oder strategisch motivierte Einflussnahme. Was hier erneut sichtbar wird, ist eine gefährliche Mischung aus politischer Überheblichkeit und geopolitischem Kalkül. Diese Haltung ist nicht nur fragwürdig, sie ist auch historisch belastet und moralisch kaum zu rechtfertigen.

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