»Die Dominanz des rechten Flügels ist vorbei«
Interview: Marc Bebenroth
Innerhalb der Partei Die Linke gibt es den Zusammenschluss »Antikapitalistische Linke«. Sie arbeiten derzeit daran, auf Berliner Landesebene die AKL zu reaktivieren, wie aus der Ankündigung eines Treffens am 3. Juli hervorgeht. Wozu braucht es diesen Neustart?
Die AKL Berlin gibt es noch, aber sie war in den zurückliegenden Jahren nicht besonders aktiv. Das ging zuletzt nicht über einen informellen Austausch von Mitgliedern innerhalb der Linkspartei hinaus.
Die AKL sieht sich als sozialistische Kraft in der Linkspartei. Entsprechend warnt sie vor Koalitionen mit Parteien wie SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Erschwert oder erleichtert ein Senat von CDU und SPD mit Kai Wegner im Roten Rathaus Ihre Basisarbeit?
Sehr viele junge Menschen, aber auch Lohnabhängige bringen die Krisen des kapitalistischen Systems, in dem wir leben, dazu, die bestehenden Verhältnisse in Frage zu stellen. Da ist es zum jetzigen Zeitpunkt im Grunde egal, ob im Roten Rathaus Kai Wegner oder Franziska Giffey sitzen.
… die SPD-Politikerin war als Regierende Bürgermeisterin abgewählt worden, darf aber als Senatorin weitermachen.
Richtig, aber wer von beiden das Bürgermeisteramt bekleidet, macht keinen großen Unterschied. Die Tatsache, dass Die Linke gerade nicht Teil der Regierung ist, macht sie als oppositionelle Kraft attraktiver für Menschen, die aktiv etwas gegen die herrschenden kapitalistischen Verhältnisse unternehmen wollen.
Welche Form soll die politische Arbeit einer wiederbelebten Berliner AKL annehmen?
Der Fokus der praktischen Arbeit wird vor Ort an der Basis entschieden. Auch darüber wollen wir auf dem Treffen am 3. Juli um 19 Uhr im Karl-Liebknecht-Haus diskutieren. Die »Antikapitalistische Linke« beschränkt sich schließlich nicht auf die Opposition gegen Regierungsbeteiligungen mit prokapitalistischen Parteien. Wir treten vor allen Dingen für eine konsequent sozialistische Ausrichtung der Linkspartei, eine kämpferische Praxis vor Ort und für ein demokratisches Parteileben ein.
Was verstehen Sie darunter?
Das bedeutet, dass wir die Fragen nach Macht- und Eigentumsverhältnissen in aktuellen Auseinandersetzungen aufwerfen. Regierungsbeteiligungen mit prokapitalistischen Parteien lehnen wir deshalb grundsätzlich ab, weil damit keine linke Politik umgesetzt werden kann. Das Ergebnis war immer, dass linke Parteien sich in Widerspruch zu denjenigen begeben haben, die sie vertreten müssen: Lohnabhängige, sozial Benachteiligte, Aktive aus Gewerkschaften und sozialen Bewegungen.
Was macht Ihnen Hoffnung, dass es bei der nächsten Gelegenheit anders läuft?
Die Linke als Gesamtpartei hat eine Nahtoderfahrung gemacht und erlebt gerade ihr Comeback. Uns geht es darum, Lehren daraus zu ziehen, dass sich eine solche Krise nicht wiederholt. Der Berliner Landesverband hat eine lange Geschichte von Regierungsbeteiligungen mit SPD und Grünen. Lange Zeit dominierte, was man als rechten Flügel bezeichnen kann. Das hat sich geändert. Die Berliner Linkspartei verzeichnete sehr viele neue Mitglieder, die eine kämpferische, bewegungsorientierte Ausrichtung der Partei wollen.
Mit welchen Erwartungen werden Sie am 3. Juli zum Treffen gehen?
Wir werden im wesentlichen drei Themen besprechen: die Entwicklung der Linkspartei, Gründe der Krise, und was wir daraus lernen müssen. Die unterschiedlichen Kräfte der Parteilinken müssen zusammenkommen, um vor den Abgeordnetenhauswahlen nächstes Jahr ein Wahlprogramm sowie Kandidatinnen und Kandidaten durchzusetzen, die eine kritische Haltung gegenüber Regierungen mit SPD oder Grünen zum Ausdruck bringen. Für die Praxis sollten wir diskutieren, was wir tun können – von Unterstützung von Streiks, über Proteste gegen Kürzungen bis hin zu Mobilisierungen gegen Kriege, wie die in Gaza und gegen Iran, und gegen Militarisierung und Aufrüstung.
Sascha Staničić gehört zu einer Gruppe von Aktiven, die den Linkspartei-Zusammenschluss »Antikapitalistische Linke« auf Landesebene in Berlin neu starten wollen
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