Alphas und Wänste
Von Marc Hairapetian
Sind die Teletubbies Vorboten des Todes? Wer lachend den Kopf schüttelt, wird durch »28 Years Later« eines Besseren belehrt. In der Eröffnungssequenz dieser mit I- phone-15-Pro-Max-Smartphones gedrehten Fortsetzung des Endzeithorrors von »28 Days Later« (2002) und »28 Weeks Later« (2007) zelebrieren Regisseur Danny Boyle und Drehbuchautor Alex Garland in perfidester Manier, wie der junge Jimmy (Rocco Haynes) den Tag des Virusausbruchs erlebt, der Großbritannien mehr noch als Corona und der Brexit vom europäischen Festland isoliert. Während eine Gruppe von Kindern vor einem Fernseher sitzt, wo Tinky-Winky, Dipsy, Laa-Laa und Po gerade ihre debilen Tänze vorführen, werden die Eltern von den lediglich »infiziert« genannten Zombies massakriert und danach selbst zu Untoten.
Boyle und Garland kennen keine Tabus und nehmen keine Gefangenen. Das Blut spritzt bis auf den Bildschirm. So war das früher. 28 Jahre danach macht sich Jamie (Aaron Taylor-Johnnson) mit seinem zwölfjährigen Sohn Spike (Alfie Williams) von der intakten Dorfgemeinschaft der nur bei Ebbe über einen schmalen Damm erreichbaren Gezeiteninsel Lindisfarne auf, um im unter Quarantäne stehenden Vereinigten Königreich die vom Rage-Virus infizierten Monster zu jagen.
Eigentlich steht dem Sensibelchen nicht der Sinn danach, denn seine Mutter Isla (Jodie Comer) leidet unter starken Kopfschmerzen. Deshalb begibt er sich erneut – diesmal ohne Vater, aber mit ihr – auf der Suche nach dem einsiedlerischen Arzt Dr. Kelson (Ralph Fiennes) in die Höhle des Löwen. Doch die Zombies, die sich in lahme, Regenwürmer verzehrende Fettwänste und flinke, einem schon mal den Kopf abreißende Alphamutationen aufteilen, kennen bekanntlich kein Pardon.
Alex Garland, der mit dem Sci-Fi-Kammerspiel »Ex Machina« (2015) und dem Kriegsreporterepos »Civil War« (2024) bewiesen hat, dass er selbst Regie führen kann, wäre nicht Alex Garland, wenn er für das Inferno nicht auch berührende Szenen geschrieben hätte. Sie werden von Regie-Oscar-Gewinner Danny Boyle (2009 für »Slumdog Millionär«) behutsam inszeniert, etwa wenn Alfie Williams und seine sterbenskranke Filmmutter Jodie Comer mit dem nichtinfizierten Baby einer Zombiemutter bei dem mit Jod bestrichenen Ralph Fiennes auftauchen. Die heilige Familie.
»28 Years Later«, Regie: Danny Boyle, UK/USA 2025, 115 Min., bereits angelaufen
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