Angriff ausgeschlachtet
Von Ina Sembdner
Während Israel am Donnerstag damit beschäftigt war, den Angriff Irans auf militärische Ziele neben einem Krankenhaus als Kriegsverbrechen darzustellen, kann Teheran auf weitere strategisch wichtige Treffer wie etwa die Aktienbörse in Ramat-Gan verweisen. »Sie feuern mit Absicht ballistische Raketen auf das Soroka-Krankenhaus in Beerscheba«, behauptete der Sprecher der israelischen Streitkräfte, Arye Shalicar, in gewohnter Manier auf X. Flankiert von seinem Premier Benjamin Netanjahu: »Heute Morgen haben die terroristischen Tyrannen des Iran Raketen auf das Soroka-Krankenhaus in Beerscheba und auf die Zivilbevölkerung in Zentralisrael abgefeuert. Wir werden von den Tyrannen in Teheran den vollen Preis fordern«, schrieb er in sozialen Netzwerken. Andere sprachen davon, dass eine »rote Linie« überschritten sei. Von iranischer Seite hieß es, dass »das Ziel des jüngsten Beschusses das Hauptquartier des IDF-Geheimdienstes im Gav-Yam Hightechpark war, der an das Soroka-Krankenhaus in Beerscheba angrenzt«, wie die Nachrichtenagentur IRNA meldete.
Der Generaldirektor des Soroka-Krankenhauses, Shlomi Codish, erklärte gegenüber der Presse: »Eine Rakete hat das alte Gebäude der chirurgischen Abteilung in Soroka getroffen. Es handelt sich um ein relativ altes Gebäude, das in den vergangenen Tagen evakuiert wurde.« Darüber hinaus gebe es weitreichende Schäden an anderen Gebäuden des Krankenhauses, Patienten und Beschäftigte seien in Schutzräumen untergebracht gewesen. »Die mehreren Verletzten, die wir haben, sind leicht verletzt, hauptsächlich durch die Schockwelle der Explosion«, fügt er hinzu.
»Diese falsche Darstellung ist Teil einer psychologischen Kampagne, die darauf abzielt, das militärische Image Israels zu verbessern und das Ausmaß der Zerstörung seiner geheimdienstlichen Infrastruktur zu verschleiern«, zitierte die englischsprachige Tehran Times nicht genauer benannte iranische Quellen. Welche Infrastruktur gemeint ist, verdeutlicht ein Artikel der israelischen Jerusalem Post vom 30. März. Unter dem Titel »Die IDF ziehen nach Süden« beschreibt das Blatt, wie die Großstadt im Süden des Landes zum neuen Militärhub ausgebaut wird. Seit Jahren werde die Verlegung von Militärstützpunkten in den Negev diskutiert, um die südliche Metropole zu stärken, beginnt der Text, »heute wird diese Vision zur Realität«. Diese beinhaltete unter anderem die Einrichtung der IDF-Direktion für Informationstechnologie C4I im Hightechpark Gav-Yam und die Verlegung des Südkommandos dorthin mit rund 6.300 Soldaten. »Nur wenige Minuten vom Herzen des Viertels entfernt befinden sich hochkarätige Beschäftigungszentren wie der Hightechpark im Innovationsviertel, das Soroka-Krankenhaus, die Ben-Gurion-Universität, Einkaufszentren, Unterhaltungs- und Kultureinrichtungen«, wird die Nähe von Zivilem und Militärischem als praktisch angepriesen.
Die C4I-Direktion ist laut Angaben des Militärs die technologische Eliteeinheit, deren Hauptaufgabe darin besteht, »den Kommandeuren im Feld die Technologie zur Verfügung zu stellen, die sie benötigen, um eine Kampfsituation bestmöglich zu bewältigen«. Sie ist demnach »verantwortlich für alle Kontakte, Computer und die Kommunikation der IDF-Truppen auf dem Schlachtfeld« sowie für die »gesamte Cyberverteidigung« zuständig.
Im Soroka-Krankenhaus werden darüber hinaus Soldaten behandelt, die im Gazastreifen verletzt wurden, wie unter anderem der Guardian in einem Text anmerkte. Diese Aussage, die »in den israelischen Medien auf scharfe Kritik« gestoßen sei, nahm das Nachrichtenportal i24 News zum Anlass, der britischen Tageszeitung vorzuwerfen, »den Angriff zu rechtfertigen«. Es sei »zwar sachlich korrekt«, »aber israelische Kommentatoren halten die Formulierung für irreführend und potentiell schädlich«. Schließlich impliziere es eine militärische Rechtfertigung für den Angriff auf ein ziviles Krankenhaus – etwas, das Israel seit mehr als 20 Monaten bei Angriffen auf medizinische Einrichtungen im Gazastreifen tut.
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