»Nur ein weiterer Fall«
Von Susanne Knütter
Wieder steht ein Lieferdienst vor Gericht, weil er Beschäftigte um ihren Lohn prellt. Am Donnerstag musste sich Wolt Enterprises für seine Praktiken vor dem Berliner Arbeitsgericht verantworten. Geklagt hatte eine Kurierin, die zwischen November 2022 und Januar 2023 für Wolt gearbeitet hat. Bei Wind und Wetter holte sie gemäß den Anweisungen, die sie über die Wolt-App erhielt, Bestellungen bei Restaurants ab und fuhr sie zu den Kunden. Bezahlt wurde sie dafür nicht. Wolt soll Fahrerin Sharma insgesamt 3.600 Euro schulden. Das zumindest war die eingeklagte Summe, wie die Sprecherin des Arbeitsgerichts, Julia Wollgast, am Donnerstag gegenüber jW sagte. Das Landesarbeitsgericht entschied gegen die Lohnabhängige. Der Grund: Es habe kein Arbeitsverhältnis mit Wolt nachgewiesen werden können. Dass Sharma über ein Subunternehmen, dem Flottenpartner IMOQX, die Lieferungen für Wolt gemacht hat, spielte aus Sicht des Gerichts keine Rolle für den Prozess. Ebensowenig, dass der Handyladen Mobile World für Wolt den Vertrag mit Sharma abgeschlossen hatte. Gegenstand der Verhandlungen war lediglich, ob es ein Arbeitsverhältnis mit Wolt gab.
Das hat System. Wolt und auch Uber Eats arbeiten mit sogenannten Flottenpartnern, die die Lieferkuriere beschäftigen und verwalten. Verantwortung kann so ausgelagert werden, arbeitsrechtliche Verpflichtungen wie Löhne, Arbeitsbedingungen oder Kündigungsschutz können umgangen werden. Aber auch dieses Argument ließ der Richter nicht gelten. Es könne der Akte nicht entnommen werden, dass eine Systematik dahinter ist, erläuterte Gerichtssprecherin Wollgast. Es sei nur ein weiterer Fall. Einer von vielen. Presseberichten zufolge soll es sich um mindestens 120 Rider in Berlin handeln, denen für den gleichen Zeitraum kein Gehalt gezahlt wurde.
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