Nothilfe als Todesfalle
Von Jörg Tiedjen
Der Kampf ums Überleben wird in Gaza immer verzweifelter. Am Mittwoch morgen eröffneten israelische Soldaten im Zentrum des Küstenstreifens das Feuer, als dort Tausende Menschen an einer Ausgabestelle für Lebensmittel zusammengeströmt waren, wie dpa unter Berufung auf lokale Behörden berichtete. Dabei seien elf Personen getötet und mehr als hundert verletzt worden. 19 Todesopfer habe es zudem bei drei weiteren Luftangriffen gegeben.
Erneut verurteilte die UNO die Attacken auf die ausgezehrte Bevölkerung Gazas. Farhan Haq, stellvertretender Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, erklärte am Mittwoch morgen auf seiner täglichen Pressekonferenz in Genf, dass »die Tötung und Verwundung von Zivilisten im südlichen Gazastreifen auf der Suche nach Nahrung inakzeptabel« sei. Er bezog sich auf ein Massaker an Hungernden in Khan Junis am Vortag mit mehr als 70 Toten.
Am Dienstag hatten Ärzte des Nasser-Krankenhauses in Gaza in einer Pressemitteilung schwere Vorwürfe gegen die Armee erhoben, wie Palestine Chronicle schrieb. Sie sprachen davon, dass Israel die Lebensmittelausgaben als »Köder für die hungernden Einwohner« nutze, um sie »zu töten und zu verstümmeln«. Dabei würden offensichtlich auch Panzer eingesetzt, wie Verletzungen belegten. Das Nasser-Krankenhaus ist die letzte funktionierende große Klinik im Süden des Küstenstreifens. Allerdings seien Notfallvorräte wie Blutkonserven aufgebraucht.
In Gaza bleibe nur noch die Wahl »zwischen Demütigung und Tod«, schrieb am Dienstag von dort die Journalistin Malak Hidschasi auf Electronic Intifada. Angesichts dieser Situation haben Mitglieder der »Jüdischen Stimme für Frieden« am Mittwoch in der US-Metropole Chicago einen unbefristeten Hungerstreik begonnen. Sie verlangen eine sofortige Waffenruhe, ein Ende der Blockade sowie einen Stopp aller US-Hilfen für das israelische Völkermordregime.
Auch in der besetzten Westbank ging die Armee am Mittwoch gegen Palästinenser vor und verhaftete laut WAFA mindestens 60 Menschen. Am frühen Morgen erschossen die Besatzungstruppen demnach in einem Dorf bei Bethlehem einen 22jährigen aus nächster Nähe, nachdem sie das Haus seiner Familie durchsucht hatten. Der Leichnam wurde mitgenommen und nicht den Angehörigen übergeben.
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