Nach Kitakollaps nun Kitasterben
Von Susanne Knütter
Der Wahnsinn nimmt kein Ende. Seit Jahren wird über die Kitakrise berichtet: zuwenig Personal, zu große Gruppen. Nun seit ein paar Monaten genau das Gegenteil: Weil die Geburtenzahlen zurückgegangen sind, seien Kindergärten nicht mehr ausgelastet. In der Folge wird Kindergartenpersonal gekündigt und werden ganze Kindergärten geschlossen – vor allem im Osten der Republik. Die Entwicklung ist nun auch in der Bundespolitik angekommen, das Problem indes nicht.
So erklärte Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU) am Mittwoch, das Bewusstsein bei allen wachse, dass die Problemlage in den westdeutschen Flächenländern eine völlig andere ist als in den östlichen Ländern. Es gebe nicht die eine Lösung für alle. »Sondern wir werden in den östlichen Bundesländern eher überlegen müssen, wie können wir über Weiterbildung Kräfte, die heute in der Kita sind, an anderer Stelle einsetzen.« Es brauche auch Ausbildungsformen, die generalistischer sind, damit die Menschen, die man ausbilde, in vielen Bereichen eingesetzt werden könnten. Ziemlich sicher ist: Damit würde das Kind mehr aus dem Fokus geraten.
Die GEW und sogar das kapitalnahe Institut der deutschen Wirtschaft in Köln – wenn auch aus anderen Erwägungen – plädieren dafür, Personal nicht abzubauen. »Die sinkenden Kinderzahlen sind eine echte Chance, die Qualität des Angebots der Kitas zu verbessern«, sagte Gewerkschaftsvize Doreen Siebernik.
Jetzt wäre die Gelegenheit also günstig für bessere Personalschlüssel, die jahrelang mit Verweis auf fehlende Fachkräfte verwehrt wurden. Das komplette Gegenteil ist der Fall: In Mecklenburg-Vorpommern beklagt die GEW, wegen rückläufiger Kinderzahlen seien an Kitas in einzelnen Kommunen bereits Kündigungen von Personal angekündigt worden. In Sachsen-Anhalt wird Kitapersonal wegen Kindermangels in anderen Bereichen eingesetzt. Aus Thüringen werden Schließungen etwa in Weimar gemeldet. Dies sei notwendig, um zu verhindern, dass das Kitasystem durch Unterauslastung zusammenbreche, heißt es von der Stadt. Ähnliche Meldungen gibt es auch aus Brandenburg.
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