Vereint im Widerspruch
Von Carmela Negrete
Das neue linke europäische Parteienbündnis European Left Alliance for the People and the Planet (ELA) hat sich erstmals öffentlich vorgestellt. Erst Ende vergangenen Jahres hatte es sich gegründet, ohne jedoch eine Konkurrenz zur existierenden linken europäischen Partei, der European Left Party, darzustellen – hieß es zumindest. Am Wochenende hielt es nun seinen ersten Kongress in der portugiesischen Stadt Porto ab. Das Motto: »progressive, grüne und feministische Bewegungen vereinen, um konkrete Maßnahmen gegen den Kapitalismus zu ergreifen und der extremen Rechten vor Ort Widerstand zu leisten«.
Europäische Bürgerinitiative
Eine erste konkrete Aktion startete die Koalition – bestehend aus La France insoumise, dem spanischen Podemos, dem portugiesischen Linksblock, dem finnischen Linksbündnis, der schwedischen Vänsterpartiet, der polnischen Razem und der dänischen »Einheitsliste – Die Rot-Grünen« – am Sonntag mit einer Unterschriftensammlung. Damit will sie eine europäische Bürgerinitiative erreichen, um den Gazakrieg auf die Tagesordnung der Debatten des Staatenbundes zu bringen.
Die Vorsitzende der ELA, die portugiesische EU-Abgeordnete Catarina Martins vom Bloco de Esquerda, gab zu, dass die Diskussion »manchmal schwierig« sei, »wenn unsere Länder unterschiedliche historische und geographische Gegebenheiten haben, die unseren Ansatz verändern können«. Das ist ein klarer Hinweis auf den internen Konflikt bezüglich der Haltung zum Ukraine-Krieg und zur Einordnung Russlands, denn besonders die nördlichen Mitglieder der Koalition befürworten, anders als beispielsweise Podemos, Waffenlieferungen an Kiew. Darin unterscheidet sich das Bündnis nicht von der älteren European Left Party, mit der sie gemeinsam die EU-Parlamentsfraktion The Left bildet.
Zu der Zusammenkunft in Porto waren auch internationale Gäste geladen, darunter Vertreter Palästinas und Kurdistans, aber auch ein Repräsentant der ukrainischen Sotsialnyi Rukh (Soziale Bewegung), Vitali Dudin. Er konstatierte, dass die Linke in der Ukraine nicht gut aufgestellt sei – und machte dafür Russland verantwortlich, das angeblich »kommunistische und linke Bewegungen instrumentalisiert«. Über die gnadenlose und blutige Repression der jüngsten Kiewer Regierungen sprach er hingegen nicht. Während die finnische Vertreterin forderte, »die europäischen Länder müssen ihre Unabhängigkeit in Sicherheitsfragen von den Vereinigten Staaten und der NATO ausbauen, jedoch nicht auf Kosten der Menschen und des Planeten«, plädierte José Julio Rodríguez von Podemos für Antimilitarismus. Der frühere Stabschef der spanischen Armee und jetzige Sekretär für Frieden und Sicherheit erklärte, dass »es widersprüchlich erscheinen mag, dass jemand aus dem Militär zunehmend antimilitaristisch und empathisch ist«. Darin liege jedoch kein Widerspruch, denn antimilitaristisch zu sein bedeute nicht, gegen das Militär zu sein. Sondern: Die Waffen müssten »den vom Volk gewählten demokratischen Kräften dienen«.
Zank um Waffenlieferungen
Rodríguez erklärte die Haltung von Podemos in der Ukraine-Thematik: »Wir haben immer gesagt, dass die Lieferung von Waffen in die Ukraine ineffektiv war« und dass »dies nur dazu dienen würde, den Konflikt anzuheizen und zu verlängern«. Dafür werde die Partei heftig kritisiert. Allerdings: »Diejenigen, die davor gewarnt haben, dass es bei dem Konflikt in der Ukraine wie bei den meisten Kriegen nicht um den Kampf für Freiheit geht, sondern um imperiale Interessen, hatten recht.« Er verwies zudem auf den Rohstoffdeal zwischen Kiew und Washington, der beweise, dass es nicht um einen »Krieg für Demokratie«, sondern um den Zugang zu Ressourcen gehe. Doch dass sich Podemos mit dieser Haltung innerhalb der ELA durchsetzen wird, bleibt unwahrscheinlich.
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