UNHCR: Mehr Vertriebene als je zuvor
Von David Siegmund-Schultze
Die Zahl der weltweit gewaltsam Vertriebenen ist so hoch wie nie zuvor. Das geht aus dem jährlichen Bericht des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) hervor, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Demnach mussten 2024 mehr als 122 Millionen Menschen unter Zwang ihr Zuhause verlassen – zwei Millionen mehr als ein Jahr zuvor. Das hängt vermutlich auch damit zusammen, dass die Zahl der Kriege seit Ende des Zweiten Weltkriegs auf einem Höchststand ist, wie in einem Bericht des Osloer Friedensforschungsinstitut PRIO am Vortag konstatiert wurde. Denn der Anstieg an Geflüchteten geht auf Kriege und große Konflikte, vor allem im Sudan, in Myanmar und der Ukraine, zurück. Der Sudan ist nun mit 14,3 Millionen Menschen das Land, aus dem die meisten vertrieben wurden, gefolgt von Syrien, Afghanistan und der Ukraine.
60 Prozent der Betroffenen sind innerhalb ihres Heimatlandes geflohen. Von denen, die ihr Land verließen, hätten mehr als zwei Drittel in einem Nachbarland nach Schutz gesucht, so der UNHCR-Bericht. Damit befinden sich 73 Prozent von ihnen in einem Land mit niedrigen und mittleren Einkommen, etwa ein Viertel gar in den weltweit ärmsten Ländern. Derweil zeigt die xenophobe Abschottungspolitik in Nordamerika und Europa Wirkung. In der BRD wurden 2024 etwa 250.000 Asylanträge gestellt, ein Rückgang von 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
»Die moderne Kriegführung hat eine fragile und erschütternde Situation geschaffen, die von großem menschlichem Leid geprägt ist«, sagte UNHCR-Chef Filippo Grandi in Genf. Gleichzeitig sei seine Organisation von »verheerenden Kürzungen« betroffen. Sie habe soviel Geld wie vor zehn Jahren zur Verfügung, während sich die Zahl der Vertriebenen seitdem fast verdoppelt habe, so Grandi. Die »brutalen« Kürzungen gehen wohl unter anderem auf die Politik von US-Präsident Donald Trump zurück. Doch auch Großbritannien und viele EU-Staaten haben ihre Gelder für humanitäre Hilfe angesichts des immensen Anstiegs an Rüstungsausgaben zurückgefahren.
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