DHL investiert im Nahen Osten
Von Gudrun Giese
Nun zeigt sich, wozu der miese Tarifabschluss für die Beschäftigten der Deutschen Post AG (DHL Group) gut war: für fette Investitionen des börsennotierten Konzerns in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Am Mittwoch gab das Logistik- und Postunternehmen seine Pläne bekannt, wonach es mehr als 500 Millionen Euro vor allem in diesen beiden Nahoststaaten investieren will. Bereits im vergangenen Jahr habe die DHL Group ihre »Strategie 2030« vorgestellt, die Wachstumsregionen wie diese arabischen Länder priorisiere und geographische Potentiale nutze, die »sich aus veränderten, globalen Handelsströmen ergeben«, heißt es in der Konzernmitteilung. Geld soll in alle Bereiche der DHL fließen, um die Infrastruktur in den Ländern auszubauen, womit wiederum Unternehmen unterstützt würden, die bereits im Nahen Osten aktiv seien. So sorge »DHL für die notwendige Resilienz und ermöglicht es den Unternehmen zugleich, vom steigenden Warenverkehr zu profitieren, und diesen gezielt für das eigene Wachstum zu nutzen«. DHL biete Logistik- und Transportleistungen wie Expresssendungen, Luft-, See- und Landfracht, Lagerhaltung, Distribution, Zollabwicklung und vieles mehr. »Die Golfregion entwickelt sich derzeit zu einem globalen Logistik- und Innovationszentrum«, befand der Chef von DHL Express, John Pearson. Die Investitionen spiegelten die wachsende strategische Bedeutung des Wirtschaftsraums Nahost wider.
Kein Wort hingegen zu dem, was der Konzern seinen rund 170.000 Tarifbeschäftigten, Auszubildenden und dual Studierenden der Deutschen Post AG mit dem Anfang April vereinbarten Entgelttarifvertrag zumutet. Erst in der vierten Verhandlungsrunde war das Unternehmen bereit, überhaupt eine messbare Lohnerhöhung herauszurücken, die mit zwei Prozent zum 1. April dieses Jahres und drei Prozent im kommenden Jahr allerdings so weit unter den Erwartungen der Beschäftigten blieb, dass sich in einer von der Gewerkschaft Verdi initiierten Mitgliederbefragung 54 Prozent der Teilnehmer für die Ablehnung des Ergebnisses aussprachen. Letztlich genehmigte die Tarifkommission den Abschluss. Der Unternehmensvorstand nahm das wiederum zum Anlass, weiteren Stellenabbau beim einstigen Staatskonzern anzukündigen, was die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis kritisierte: »Die Aussage des Postvorstandes, der Tarifabschluss sei ein Treiber für den Stellenabbau, weisen wir entschieden zurück.« Die Entgelterhöhung sei angesichts der stark gestiegenen Lebenshaltungskosten bitter nötig, und mit den ebenfalls ausgehandelten zusätzlichen Urlaubstagen müsse die wachsende Arbeitsbelastung der Beschäftigten kompensiert werden. Falsch sei hingegen die Regulierungspolitik auf dem schrumpfenden Briefmarkt, bei der am Ende vor allem sozialversicherungspflichtige und tarifvertraglich geregelte Arbeitsplätze zugunsten prekärer Jobs verlorengingen.
Die umfangreichen Investitionen in Staaten des Nahen Ostens zeigen nun, dass reichlich Geld im Konzern vorhanden ist – nur nicht für vermeintlich unrentable Postzusteller. Statt dessen betont man bei der DHL Group die Bedeutung, sich für »die Transformation des Nahen Ostens hin zu einem Katalysator für regionalen und globalen Handel« zu engagieren. Mit einem »einzigartigen Transport- und Lagernetzwerk, das durch digitale Plattformen und Automatisierungslösungen unterstützt wird und auf die lokale wie globale Expertise der Mitarbeitenden setzt«, helfe DHL seinen Kunden vor Ort dabei in Zeiten erhöhter Unsicherheit, »widerstandsfähige und flexible Lieferketten aufzubauen, die den individuellen Anforderungen der Unternehmen gerecht werden«. Der Investitionsschwerpunkt sei dabei nicht ganz neu, machte Hendrik Venter, Chef von DHL Supply Chain für Europa, Naher Osten und Afrika klar, denn das Unternehmen expandiere seit einigen Jahren aktiv in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo man »deutlich eine positive wirtschaftliche Entwicklung« erkenne. Vielleicht sollten die Postzusteller im Nahen Osten anheuern.
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