Revolte nach Chiquita-Streik
Von Volker Hermsdorf
Panamas Rechtsregierung will jeden Widerstand gegen das Kaputtkürzen des Sozialstaates mit Gewalt brechen. Aktuelles Beispiel ist der Kampf der Arbeiter auf den Chiquita-Bananenplantagen in der Provinz Bocas del Toro, die seit Wochen dagegen und gegen eine stärkere US-Präsenz im Land protestieren. Nach einem einmonatigen Streik setzte der US-schweizerische Konzern Ende Mai bereits 5.000 von ihnen auf die Straße. Am Montag kündigte das Unternehmen an, nun auch die verbliebenen 1.600 Arbeiter zu feuern. Die Regierung des rechten Staatschefs José Raúl Mulino verhängte zeitgleich den Ausnahmezustand über die Region – offiziell zum »Schutz der öffentlichen Ordnung«, tatsächlich aber zur Sicherung der Konzerninteressen.
Der Chiquita-Streik könnte zum Katalysator für eine Explosion der sozialen Konflikte werden, auf die Mulinos Regierung zunehmend mit Repression reagiert. Die Beschäftigten der panamaischen US-Tochter hatten am 28. April die Arbeit niedergelegt. Mit ihrem Streik forderten sie bessere Arbeitsbedingungen und unterstützten landesweite Proteste gegen Kürzungen im Sozialsystem. Mulinos Regierung will damit die Privatisierung der Sozialversicherung und eine Anhebung des Rentenalters durchsetzen – während zugleich die Realeinkommen der Bevölkerungsmehrheit rapide sinken. Die Lebenshaltungskosten steigen, öffentliche Leistungen schrumpfen, und multinationale Konzerne wie Chiquita profitieren von Steuervorteilen und repressivem Arbeitsrecht. Dass das Unternehmen in dieser Situation ankündigte, alle Aktivitäten in Bocas del Toro einzustellen, und Tausende auf die Straße setzt, belege dies aus Sicht der Gewerkschaften, dass die Entlassungen als wirtschaftliches Drohmittel gegen soziale Proteste eingesetzt werden. Der Streik bei Chiquita fällt auch mit einem Abkommen zwischen Panama und den USA zusammen, dass eine dauerhafte US-Militärpräsenz im Land vorsieht und Washington den privilegierten Zugang zum strategisch wichtigen Panamakanal sichert. Ein Vorteil, von dem auch US-Konzerne profitieren. Die Arbeiter in Bocas del Toro haben dagegen nicht nur ihre Jobs verloren, sondern sehen sich auch einem Staatsapparat gegenüber, der mit Notstandsgesetzen und Gewalt reagiert.
Mit dem Ausnahmezustand sichert sich Mulino umfassende Vollmachten zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit, für den Einsatz des Militärs im Inneren und die Aufhebung des Versammlungsrechts. Nächtliche Razzien, Festnahmen von Gewerkschaftern, gewaltsame Auflösung von Blockaden und starke Polizeipräsenz auf den Straßen sind an der Tagesordnung. Am vergangenen Donnerstag berichtete Telesur, dass die Nationalpolizei einen »repressiven Belagerungsring« errichtet habe, der die Einfuhr von Lebensmitteln, Flüssigerdgas und Medikamenten für die Bevölkerung der Provinz Bocas del Toro verhindere. Mit mehr als 30 Polizeisperren wolle die Regierung die Leute »aushungern«, um legitime Proteste zu unterbinden, so ein Aktivist der Bauarbeitergewerkschaft Suntracs gegenüber der Agentur.
Vor allem Suntracs ist seit Wochen Zielscheibe politisch motivierter Strafverfolgung. Führende Repräsentanten sitzen in Untersuchungshaft, gegen weitere Funktionäre wurden Haftbefehle erlassen. Die Internationale der Bau- und Holzarbeiter (ICM), die über zwölf Millionen Mitglieder in 117 Ländern vertritt, verurteilte die Repressionswelle bereits als Angriff auf die Gewerkschaftsfreiheit. Auch die Vereinten Nationen, die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) und Menschenrechtsgruppen äußerten immer wieder ihre »Besorgnis« über die politische Situation unter Mulino. Auf einer Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) wurde Panama nun auf eine Liste jener 24 Länder gesetzt, die die Gewerkschaftsfreiheit am stärksten einschränken.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Enea Lebrun/REUTERS24.05.2025
Chiquita gegen Gewerkschaften
- Angelika Warmuth/REUTERS25.02.2025
Kein Herz mit Merz
- Enea Lebrun/REUTERS20.02.2025
Marsch vors Parlament
Regio:
Mehr aus: Kapital & Arbeit
-
Trump-Zölle plagen Welthandel
vom 04.06.2025