Im Windschatten Washingtons
Von Max Ongsiek
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine verschärft die nunmehr kleine große Koalition unter Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erneut ihre antirussische Außenpolitik. So hat Außenminister Johann Wadephul nach einem Treffen mit dem republikanischen US-Senator und Trump-Vertrauten Lindsey Graham am Montag in Berlin eine gemeinsame Linie gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin betont. Markig kündigte Wadephul daraufhin auf dem Kurzmitteilungsdienst X an: »Die EU wird weitere Sanktionen verhängen. Putin muss endlich einer sofortigen bedingungslosen Waffenruhe zustimmen und an den Verhandlungstisch kommen.«
Worum genau es ging, hatte Wadephul am Sonntag in der ZDF-Sendung »Berlin direkt« angedeutet. Der Republikaner Graham habe in den Staaten – gemeinsam mit dem demokratischen Senator Richard Blumenthal – ein großes Paket von »Sekundärsanktionen geschnürt«, erklärte der Außenminister im Interview. Tatsächlich rühren die beiden Senatoren für diesen geplanten diplomatischen Schwerthieb ordentlich die Werbetrommel in Europa. So besuchten sie am Sonntag den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris und am Montag zudem die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Die EU-Kommission hoffe, schon »sehr bald« darüber berichten zu können, »was hinsichtlich der Sanktionen und unserer Zusammenarbeit mit den USA in dieser Angelegenheit vereinbart wurde«, sagte eine Kommissionssprecherin am Montag in Brüssel.
Vom Treffen in Paris schwärmte die Senatoren in einer am Sonntag veröffentlichten Pressemitteilung: »Wenn es uns gelingt, einen gerechten und ehrenhaften Frieden zu schaffen, so wird das die Welt in jeder Hinsicht neu ausrichten.« Angesichts der Unterstützung beider US-Parteiblöcke ist auch Wadephul überzeugt, dass die Sanktionsoffensive eine Mehrheit im Senat finden wird. Vorgesehen ist unter anderem eine Preisobergrenze für russisches Öl.
Seine Agenda skizzierte Wadephul im ZDF-Interview. Sein Politikstil sei »im Ton angenehm, aber in der Sache hart«. Als »Lebensversicherung für die Ukraine« umschrieb er blumig das nächste Vorhaben der Bundesregierung: »Wir werden also Waffensysteme, die sehr weitreichend sind, durch die Ukraine entwickeln und produzieren lassen.« Selbiges hatte Merz nach seinem Stelldichein mit Selenskij in Kiew bereits vergangene Woche angekündigt. »Taurus« direkt in der Ukraine produzieren zu lassen, wäre jedenfalls eine raffinierte Variante, sich um dessen Lieferung zu drücken. Zudem setze sich Deutschland im »EU-Rahmen« dafür ein, dass der »Ölpreisdeckel« weiter gesenkt werde, so Wadephul. Man habe auch »keine Probleme damit, dass Nord Stream I und II auch berührt sein werden.« »Im Gegenteil« unterstreiche das »unsere Glaubwürdigkeit«, machte er extra deutlich, dass man hierzulande weiterhin devot nach der Pfeife der USA tanzen wird. Wenig überraschend, hieß es doch schon im Koalitionsvertrag: »Das transatlantische Bündnis und die enge Zusammenarbeit mit den USA bleiben für uns von zentraler Bedeutung.«
Bei Wadephuls Treffen mit Graham und dem mit US-Außenminister Rubio ging es letztlich darum, das Treffen von Friedrich Merz mit US-Präsident Donald Trump vorzubereiten. Wie das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung am Sonnabend in einer Mitteilung erklärte, werde es bei dem ersten persönlichen Gespräch im Weißen Haus um die Beziehungen von BRD und USA sowie internationale Themen wie den Krieg in der Ukraine, die Lage im Nahen Osten und die Handelspolitik gehen. Diesbezüglich erklärte der Außenminister dem Publikum des ZDF: »Unsere Position ist ganz klar, weniger Zölle, weniger Handelsbeschränkungen, mehr Austausch, mehr Miteinander.« Der Austausch der EU mit den USA sei sehr ausgeglichen, betonte der Außenminister zufrieden.
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Kay Nietfeld/dpa12.06.2024
Endlich Militärmacht werden
- Kuba Stezycki/REUTERS30.12.2023
Zerstörerisches Kräftemessen
- Axel Schmidt/Nord Stream 224.05.2018
Voller Energie
Regio:
Mehr aus: Inland
-
Zurückweisung nach Polen untersagt
vom 03.06.2025 -
Handreichung für Kriegskurs
vom 03.06.2025 -
Stelldichein der Geldsäcke
vom 03.06.2025 -
Neue Pläne fürs Primärarztsystem
vom 03.06.2025