Merz verkündet neuen Rüstungspakt
Von Marc Bebenroth
Die Bemühungen der Hauptstadtjournalisten kontert der neue Vizesprecher der Bundesregierung routiniert. Es gebe »keine Unstimmigkeiten« innerhalb der Koalition bei der Frage nach Reichweitenbeschränkungen im Zusammenhang mit Waffenlieferungen an die Ukraine. Es bestehe eine »gleiche Einschätzung bei den Regierungspartnern CDU, CSU und SPD«, sagte Sebastian Hille am Mittwoch in der Bundespressekonferenz in Berlin. Das Thema sei ohnehin »kein neues«. Neu ist dagegen die Verkündung einer aktiven Unterstützung Kiews bei der Produktion weitreichender Waffensysteme, nach deren Lieferung die Ukraine seit langem verlangt.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sollte noch am Mittwoch eine entsprechende Absichtserklärung mit seinem ukrainischen Amtskollegen unterzeichnen, wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij selben tags in Berlin ankündigte. Dabei werde es – wie gesagt – »keine Reichweitenbeschränkungen geben«, weshalb sich Merz zufolge die Ukraine »vollumfänglich verteidigen« könne – auch gegen militärische Ziele »außerhalb des eigenen Staatsgebiets«.
Bei dem Schritt, der unter Kritikern die Frage nach einer klaren Kriegsbeteiligung der BRD aufkommen lassen dürfte, handele es sich um eine »neue Form der militärisch-industriellen Zusammenarbeit«, betonte der CDU-Politiker. Merz versuchte die Entscheidung außerdem als eine Art erzwungenermaßen notwendige darzustellen. Die »Weigerung der russischen Seite, einen Waffenstillstand einzugehen«, werde jetzt »wirklich Konsequenzen« haben. Die BRD wolle »nicht nur abwarten«. »Wir sind aktiv dabei, weitere Maßnahmen vorzubereiten«, sagte der Bundeskanzler.
Selenskij begrüßte erwartbar die getroffenen Absprachen zu »neuen gemeinsamen Projekten« zur Produktion von Kriegsgerät. Wie auch Merz wollte er sich nicht zu Details äußern. »Drohnen helfen effektiv, das Leben unserer Soldaten zu schützen«, betonte der ukrainische Präsident. Dessen Regierung werde zum Jahresende zu gemeinsamen Konsultationen mit der »schwarz-roten« Koalition zusammenkommen, kündigte Merz an. Beide Gesellschaften und Regierungen seien sich durch den NATO-Stellvertreterkrieg in der Ukraine nähergekommen, behauptete der Christdemokrat. Die demnach bereits enge Zusammenarbeit auf Ministerebene wolle die Bundesregierung »weiter ausbauen«.
Auch als Signal an die US-Regierung und die hinter ihr stehenden Kapitalfraktionen kann die Aussage des Kanzlers zur Ostseepipeline Nord Stream 2 verstanden werden. Die von Merz angeführte Bundesregierung werde »alles tun«, damit die einst für den Transport von Erdgas aus Russland in die BRD gebaute Verbindung »nicht wieder in Betrieb genommen werden kann«. Nord Stream 2 war nie in Betrieb und wurde zusammen mit der Leitung Nord Stream 1 Ende September 2022 durch einen bis heute offiziell nicht aufgeklärten Sprengstoffanschlag schwer beschädigt.
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