Trump schwingt wieder Zollkeule
Von Jörg Kronauer
Heute schon Zölle verhängt? Nein? Donald Trump lässt sich diesbezüglich bekanntlich nicht lumpen. Gerade erst hatte ein Berufungsgericht eine Entscheidung des in New York sitzenden Gerichts für internationalen Handel aufgehoben, der zufolge fast alle Trumpschen Zölle illegal seien, da legte der US-Präsident am Freitag abend nach und erhöhte die Importabgaben von Stahl und Aluminium in die USA von 25 auf 50 Prozent. Der Grund? Diverse US-Unternehmen hatten trotz der 25-Prozent-Zölle weiterhin kräftig Stahl eingeführt, so etwa aus Kanada, Brasilien, Südkorea und Deutschland. Laut Angaben des American Iron and Steel Institute lagen die US-Stahleinfuhren im April lediglich magere 4,4 Prozent unter dem Vorjahreswert. Was tun, wenn selbst ein Preisaufschlag um ein Viertel bei Produkten der ausländischen Konkurrenz nicht reicht, um sie aus dem Markt zu drängen und der schwachen eigenen Stahlindustrie den gewünschten Raum zu schaffen? Nun, ganz einfach: die Zölle verdoppeln. In Kraft treten sollen diese am Mittwoch.
Protest gegen Trumps jüngsten Streich blieb am Wochenende nicht aus. Beschwerden kamen zum Beispiel aus Kanada, das nicht nur trotz der 25-Prozent-Zölle viel Stahl in die USA verkauft. Die grenzüberschreitenden Lieferketten seiner Unternehmen in die USA enthalten gleichfalls Stahlprodukte und werden jetzt noch schwereren Schaden nehmen. Eine »massive Belastung« auch für die deutsche Stahlindustrie sagte die Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Kerstin Maria Rippel, voraus. Laut dem Verband sind die USA der wichtigste Absatzmarkt für die EU-Stahlerzeuger. Die EU-Kommission teilte mit, sie »bedauere« die Zollerhöhung – und sie sei bereit, schon längst geplante, aber bis zum 14. Juli ausgesetzte Gegenzölle gegen die Vereinigten Staaten früher in Kraft zu setzen. Konkreter wurde Brüssel allerdings, wie so oft, nicht.
Trump kündigte die neuen Importabgaben während eines Auftritts in einem Werk von U. S. Steel bei Pittsburgh im US-Bundesstaat Pennsylvania an. Anlass war die mutmaßliche Übernahme des müde dahindümpelnden US-Traditionskonzerns durch Nippon Steel. Diese wurde Ende 2023 bekanntgegeben – Preis: 14,1 Milliarden US-Dollar – , konnte bislang aber nicht vollzogen werden, da US-Präsident Joseph Biden sie aus Gründen der nationalen Sicherheit gestoppt hatte: Stahl ist nach wie vor unverzichtbar in der Rüstungsproduktion. Trump, der die Übernahme gleichfalls zunächst abgelehnt hatte, hat ihr jetzt offenbar zugestimmt. Allerdings sind einige wichtige Details der Vereinbarung noch unbekannt. Laut einem Bericht des Wall Street Journal sieht der Deal vor, dass die Zentrale von U. S. Steel in Pittsburgh und der Name des Unternehmens erhalten bleiben; Spitzenmanager und die Mehrheit im Vorstand müssen US-Amerikaner sein. Außerdem wird ein US-Aufseher bei dem Konzern installiert, um sicherzustellen, dass die nationalen Sicherheitsinteressen in Zukunft solide gewährleistet bleiben.
Die Vorgaben ermöglichen es Trump, öffentlich zu erklären, U. S. Steel werde weiterhin von den Vereinigten Staaten kontrolliert. Besitzer – und Hauptprofiteur – wird freilich der bislang viertgrößte Stahlproduzent der Welt, Nippon Steel, der durch die Übernahme des bislang drittgrößten US-Stahlkonzerns zur Nummer zwei weltweit aufzusteigen hofft, hinter Baowu Steel aus Shanghai und vor dem Traditionskonzern Arcelor-Mittal mit Sitz in Luxemburg. Der japanische Mutterkonzern will jetzt Milliarden investieren, um den US-Zukauf technologisch wieder fit zu machen. Verärgert äußerte sich die Stahlgewerkschaft. Man sei systematisch von den Verhandlungen ausgegrenzt worden, teilten die United Steelworkers mit; jetzt fürchte man für die Arbeiter negative Folgen. Die Details des Deals müssten endlich zugänglich gemacht werden. Nippon Steel sei schließlich für rüde Praktiken bekannt.
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