Geschmähte des Tages: Olena Selenska
Von Manfred Maruda
Kennen Sie Sophie Lark? Nicht, dass man sie kennen müsste; die in Kalifornien lebende US-Autorin hat sich mit dickleibigen Liebesschinken um »kluge Heldinnen« einen Namen gemacht, die sie im Reihenabwurf auf den Buchmarkt loslässt. Aber wer in der Ukraine auf die Idee gekommen ist, sich das Werk der »Lerche« anzutun, hat keine Chance mehr dazu. Denn der Verlag »KSD« (Verlag für Familienfreizeit) in Charkiw, der eine ganze sechsbändige Serie ins Ukrainische hat übersetzen lassen, hat den ersten Band, kaum erschienen, wieder einstampfen lassen. Die Verträge über die übrigen fünf Bände wurden annulliert.
Und warum das alles? Weil die Autorin »Russland romantisiere«, teilte der Verlag in einer Erklärung mit, in der er sich auch dafür entschuldigte, die Werke von Lark überhaupt ins Programm genommen zu haben. Worin diese Romantisierung bestanden haben soll, wurde nicht ganz klar: war es ein »russischer Mafioso«, der nicht als blutsaugendes Monstrum dargestellt wurde, oder war es die einer Gestalt in den Mund gelegte Aussage, der verruchte Mönch Grigori Rasputin habe die Ukraine an Deutschland ausgeliefert? Das ist ganz klar fiktional, weil Rasputin 1917 ermordet wurde und der imperialistische »Brotfrieden« von Brest-Litowsk erst 1918 zwischen dem deutschen Kaiserreich und den Bolschewiki abgeschlossen wurde.
Womöglich sorgte auch eine Majestätsbeleidigung für Ärger: In einem der Larkschen Schwarten kommt eine Elena Zelenskaja vor, die raus will aus der Ukraine, um sich in Westeuropa einen Mann zu angeln. Denn die ukrainischen Männer seien Grobiane, und in der Ukraine ist es als Frau nicht auszuhalten. Literarische Freiheit hin oder her: Olena Selenska heißt die First Lady der Ukraine, und der zu unterstellen, irgendwohin als zu den Schwarzgeldkonten ihres Mannes emigrieren zu wollen, das geht nun wirklich zu weit.
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