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Aus: Ausgabe vom 31.05.2025, Seite 7 / Ausland
Uganda

Viel Lärm um wenig

Ugandas Militär schießt sich auf deutschen Botschafter ein. Der wollte Präsidentensohn maßregeln
Von Christian Seltz, Kapstadt
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Muhoozi Kainerugaba ist für seine Ausfälle bekannt (Kampala, 12.7.2010)

Weil es dem deutschen Botschafter »subversive Aktivitäten« vorwirft, hat Ugandas Militär verlautbart, »alle laufenden Verteidigungs- und Militärzusammenarbeitsaktivitäten« mit der Bundesrepublik »mit sofortiger Wirkung zu suspendieren«. Das teilte der Sprecher der Volksverteidigungsstreitkräfte Ugandas (Uganda People’s Defence Forces, UPDF), Chris Magezi, am vergangenen Sonntag via X mit. Das Auswärtige Amt wies die Vorwürfe am darauffolgenden Tag über eine Sprecherin als »absurd« zurück und erklärte, es gebe »gar keine formalisierte militärische Zusammenarbeit mit Uganda«.

Zumindest auf Aktivitäten in Uganda bezogen dürfte das auch stimmen. An der deutschen Botschaft in Kampala gibt es einem Bericht der Taz zufolge nicht einmal einen Militärattaché. Allerdings stellt Ugandas Militär das größte Kontingent der Eingreiftruppe der Afrikanischen Union in Somalia (African Union Support and Stabilization Mission in Somalia, AUSSOM), die von der EU – und über diesen Umweg auch von Deutschland – finanziert wird. Auf Nachfrage der Welt dementierte UPDF-Sprecher Magezi allerdings, dass AUSSOM von der Suspendierung der Aktivitäten betroffen sei. Worauf sich die Maßnahme dann überhaupt bezieht, blieb bisher offen. Auch Beweise für die angeblichen umstürzlerischen Tätigkeiten des Botschafters wurden nicht vorgelegt.

Dennoch erscheint klar, womit der deutsche Botschafter Mathias Schauer den Zorn der Militärführung auf sich gezogen hat – wobei Militärführung in diesem Fall mit einem Mann gleichzusetzen ist: Muhoozi Kainerugaba, Sohn des seit 39 Jahren regierenden Staatschefs Yoweri Museveni und seit vergangenem Jahr auf Geheiß des Vaters Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Jener Kainerugaba hatte jüngst auf X damit geprahlt, den Leibwächter des populärsten Oppositionspolitikers in seinem Keller gefangenzuhalten und ihn zu foltern (selbstredend ohne dafür vom Musk-Dienst sanktioniert zu werden). Als der Mann dann vor Gericht geführt wurde, wies er tatsächlich deutliche Spuren von Gewalt auf. Schauer hatte das zum Anlass genommen, bei einem Hintergrundgespräch mit einem ebenfalls zur politischen Elite des Landes gehörenden Bruder von Präsident Museveni, General Salim Saleh, auf den damit verbundenen Reputationsschaden für Uganda hinzuweisen. Er forderte Saleh auf, in bezug auf die X-Beiträge des Neffen, eine »rote Linie« zu ziehen. Der Onkel, der Kainerugaba einen »guten Jungen« nannte, sicherte das auch zu. Das Problem: Das Gespräch war gefilmt worden und das Video verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Um Stärke zu zeigen, sah sich Kainerugaba daher offensichtlich gezwungen, den deutschen Botschafter zu attackieren.

Tatsächliche Folgen für die Beziehungen zwischen Kampala und Berlin dürfte die Episode kaum haben. Ugandas Außenministerium hat sich zu der Angelegenheit bisher gar nicht geäußert, geschweige denn den Botschafter einbestellt. Kainerugaba legte auf X zunächst mit einem Beitrag nach, in dem er sich über die Körpergröße des Diplomaten lustig machte, löschte sein Postulat anschließend aber wieder. In einer weiteren Botschaft erklärte er, man habe »Probleme mit dem derzeitigen deutschen Botschafter«, diese seien persönlicher Natur und hätten »nichts mit dem großen deutschen Volk zu tun, das ich sehr bewundere«.

Kainerugaba hat bereits offen angekündigt, seinen Vater an der Staatsspitze beerben zu wollen. Zum Aufbau seines persönlichen Profils versucht sich der Absolvent der US-Militärakademie Fort Leavenworth mitunter als Antiimperialist darzustellen, bezeichnet aber zugleich den prowestlichen Machthaber im Nachbarland Ruanda, Paul Kagame, als Vorbild. Auch Uganda gilt als Verbündeter des Westens, dessen Interesse an dem ostafrikanischen Land auch mit dem Rohstoffreichtum im nahegelegenen Osten der Demokratischen Republik Kongo zu tun haben dürfte. An dieser Rolle hat sich auch wenig geändert, seitdem Ugandas Parlament 2023 ein Gesetz verabschiedete, das Homosexuelle mit lebenslanger Haft und »in besonders schweren Fällen« gar mit der Todesstrafe bedroht.

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