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Aus: Ausgabe vom 31.05.2025, Seite 6 / Ausland
Israelische Siedlungspolitik

Weitere Siedlungen in Westbank

Israels Kabinett beschließt auch Legalisierung bis dahin nicht genehmigter Außenposten. Immer neue Vertreibungen von Palästinensern
Von David Siegmund-Schultze
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Permanenten Angriffen ausgesetzt: Palästinenser beobachten, wie israelische Siedler ihre Felder niederbrennen (Maghayer Al-Dir, 28.5.2025)

Nicht nur im Gazastreifen, sondern auch im Westjordanland schafft Israel Fakten. Die Regierung hat die Errichtung von 22 neuen Siedlungen beschlossen, darunter elf sogenannte Außenposten, die auch nach israelischem Recht zuvor illegal waren. Das bestätigte das sogenannte Verteidigungsministerium am Donnerstag. Die Maßnahme werde »das Gesicht des Gebiets verändern und die Zukunft der Besiedlung auf Jahre hinaus prägen«, sagte der zuständige Minister Israel Katz zu der Entscheidung. Zusammen mit dem extrem rechten Finanzminister Bezalel Smotrich hatte er den Antrag dazu vorgelegt. Der Vorstoß sei »ein strategischer Schritt, der die Gründung eines palästinensischen Staates verhindert, der Israel gefährden würde«.

Die aktuelle Regierung unter Premier Benjamin Netanjahu ist im Dezember 2022 mit dem Ziel angetreten, die Annexion des Westjordanlands und die Verhinderung eines palästinensischen Staats voranzutreiben. Seit dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 verfolgt sie dies noch radikaler, als ohnehin schon. Dass der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag im Juli 2024 urteilte, dass nicht nur der Siedlungsbau, sondern die seit 1967 anhaltende Besetzung des palästinensischen Gebiets an sich rechtswidrig ist, hat dem keinerlei Abbruch getan. Fast täglich greifen Siedlermilizen, teils mit Duldung, teils mit Unterstützung der Armee, Palästinenser an und zwingen diese zur Flucht.

Die jüngste Entscheidung formalisiert diese Verdrängungspraktiken. »Israel fördert weiterhin die jüdische Vorherrschaft durch den Diebstahl palästinensischen Landes und die ethnische Säuberung des Westjordanlands. Die israelische Regierung arbeitet offen und unverhohlen daran, das palästinensische Volk und jede Chance auf eine normale Zukunft für die Menschen zwischen Jordan und Meer zu zerstören«, so ein Sprecher der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem zu dem Beschluss. Laut der UNO hat das Militär im vergangenen Jahr 1.700 palästinensische Häuser zerstört und 24 Quadratkilometer Land annektiert. Allein im Januar und Februar wurden bei Angriffen auf die Flüchtlingslager in Dschenin, Nur Schams, Tulkarem und Faraa 40.000 Menschen vertrieben.

Hirtengemeinschaften sind besonders von Gewalt und Vertreibung betroffen. Seit dem 7. Oktober 2023 wurden mehr als 60 von ihnen von ihrem Land verdrängt, so eine am Montag veröffentlichte Recherche der israelisch-palästinensischen Nachrichtenplattform +972. Siedler errichten Außenposten auf Weideland, stehlen und töten Schafe, bauen Zäune, um die Bewegungsfreiheit der Menschen und Herden einzuschränken, stehlen Wasser und Futter. Und greifen die Hirtenfamilien brutal an. Bis diese keine andere Wahl sehen, als zu fliehen. Das traf vergangene Woche das Dorf Maghayer Al-Dir – 150 Menschen mussten dort ihr Land verlassen. Damit verbleiben nur noch zwei palästinensische Gemeinschaften im gesamten südlichen Jordantal.

Im Laufe des vergangenen Jahres wurden Verwaltungstätigkeiten und Verantwortlichkeiten sukzessive von der Armee auf das Ministerium Smotrichs, der neben den Finanzen auch für den Siedlungsbau zuständig ist, übertragen. Die Siedler übernehmen also die Verwaltung des Gebiets – ein entscheidender Schritt von der Besatzung zur Annexion. Der Regierung ist dabei die Unterstützung der US-Administration Donald Trumps sicher. Angesprochen auf die illegale Besatzung sagte der im April zum US-Botschafter in Israel ernannte Mike Huckabee in einem Interview vergangenes Jahr: »Wenn Leute den Begriff ›besetzt‹ verwenden, sage ich: ›Ja, Israel besetzt das Land, aber es ist die Besetzung eines Landes, das Gott ihnen vor 3.500 Jahren gegeben hat. Es ist ihr Land.‹«

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