»Beste Option«: Dichtmachen
Von Steve Hollasky
Noch heißt die Internetpräsenz der Helios-Klinik Schkeuditz Besucherinnen und Besucher »herzlich willkommen« in der »Akutklinik der Grund- und Regelversorgung der Großen Kreisstadt«. Doch ein auf der Seite eingefügtes Feld weist darauf hin, dass der »operative Betrieb« zum 28. Mai eingestellt wurde. Übersetzt heißt das: In Sachsen ist eine weitere Klinik dicht.
Die Schließung des Standorts Schkeuditz kam für Belegschaft und Patienten völlig überraschend. Erst am vergangenen Montag wurde den noch gut 200 Kolleginnen und Kollegen die Entscheidung des Unternehmens mitgeteilt. Sie sollen dem Vernehmen nach »Angebote« an anderen Standorten erhalten.
Schon 2023 waren mehrere Stationen, darunter auch die Gynäkologie, geschlossen worden. Mit dem Verschwinden des Schkeuditzer Krankenhauses sinkt die Zahl der in Sachsen existierenden Kliniken auf 75. Im Jahr 2000 waren es laut Statistischem Landesamt 92, nachdem schon zwischen 1992 und 2000 25 Krankenhäuser geschlossen worden waren. Helios selbst stellt die Schließung der Klinik als Umsetzung des Lauterbachschen Krankenhausgesetzes dar. Der inzwischen ehemalige Gesundheitsminister hatte versprochen, seine Gesundheitsreform wäre eine »Revolution« und würde die medizinische Versorgung und nicht den Profit in den Mittelpunkt stellen.
Gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk erklärte Konzernsprecherin Luisa Winkler, die Aufhebung des Standorts sei »die beste Option für die Krankenhausstruktur in der Region«. Der Entschluss der Konzernspitze folge »schon jetzt den Zielen der geplanten Krankenhausreform«. Mit dieser Jubelpose steht die Firmensprecherin ziemlich allein. Dem MDR berichtete die Betriebsratsvorsitzende Simone Böhm von den drei Pflegeheimen in der Umgebung der Klinik, die regelmäßig Patientinnen und Patienten zur Behandlung in die Klinik brachten. Sie fürchtet den offensichtlich mit der Schließung verbundenen Verlust an Versorgungsqualität.
Gegenüber dieser Zeitung erklärte die Landesvorsitzende der Partei Die Linke, Susanne Schaper, sie halte die Folgen der Schließung für »beherrschbar«, weil andere Kliniken, beispielsweise in Leipzig, den Verlust kompensieren könnten. Dennoch fordert Schaper »wenigstens eine Ganztagspoliklinik mit Notaufnahme« in Schkeuditz. Allerdings, so Schaper weiter, schätze »die Kassenärztliche Vereinigung die Versorgung« auch ohne den Standort in Schkeuditz »als ausreichend an«. Schaper trat dieser Einschätzung entgegen und forderte transparente »Berechnungsgrundlagen der Kassenärztlichen Vereinigung« gegenüber dem Landtag.
Schärfer äußerte sich gegenüber jW Anne Pötzsch vom Dresdner Bündnis für Pflege. Sie lehne es ab, dass »mal wieder« für »viele Menschen eine wohnortnahe Versorgung« verloren gehe. Zudem fürchte sie, dass durch die Krankenhausreform verstärkt »klinische Angebote an zentrale Standorte verlegt« werden. Laut Pötzsch droht so eine Verlängerung der Anfahrtswege für »die Anwohnerinnen und Anwohner ebenso wie für den Rettungsdienst«. Das Bündnis für Pflege setze sich für den Erhalt aller Standorte ein, betonte Pötzsch am Freitag, »um eine flächendeckende, wohnortnahe Versorgung anbieten zu können«. Dafür müssten das Profitsystem im Gesundheitswesen beseitigt und Kliniken in öffentliches Eigentum überführt und demokratisch kontrolliert und verwaltet werden, so Pötzsch.
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