Atempause in Gaza?
Von Rebekka Hentschel
Befristete Waffenruhe in Gaza, Geiselaustausch – und dann weiterbombardieren. So ungefähr liest sich der US-Vorschlag, dem Israels Premierminister Benjamin Netanjahu laut der US-Regierungssprecherin Karoline Leavitt am Donnerstag zugestimmt hat. Das Portal Drop Site News hat das Dokument am selben Tag veröffentlicht. Demnach soll die Waffenruhe 60 Tage dauern. 28 Israelis, zehn davon noch am Leben, sollen gegen 1.416 Palästinenser, davon 180 Tote, ausgetauscht werden. 30 israelische Geiseln würden noch im Gazastreifen verbleiben. Eine Verpflichtung für eine permanente Waffenruhe enthält der Vorschlag nicht. Und auch die formulierte Zusicherung durch US-Präsident Donald Trump ist überaus vage: Er nehme die Einhaltung des Abkommens »sehr ernst«.
Am Montag zirkulierte der Text einer Verständigung zwischen der Hamas und den USA, der noch eine stärkere US-Absicherung enthielt. Trump sollte demnach persönlich für die Einhaltung des Abkommens garantieren und eine hochrangige US-Delegation die Übereinkunft in Doha mit dem Verhandlungsführer der Hamas öffentlich unterzeichnen. Das sind nicht die einzigen Änderungen, die die israelische Seite anscheinend vorgenommen hat. Auch der Rückzug ihrer Truppen auf die Position von vor dem 2. März und die ungehinderte Lieferung humanitärer Hilfen über die Periode der Waffenruhe hinaus sind in der Version, die nun der Hamas vorgelegt wurde, nicht mehr zu finden.
Der Vorschlag ziele »im wesentlichen darauf ab, die Besetzung zu festigen und die Politik des Tötens und Aushungerns fortzusetzen«, sagte der Hamas-Vertreter Basem Naim am Freitag. Dennoch wolle die Organisation den Entwurf prüfen. Bereits im März hatte die Regierung Netanjahus die damalige Waffenruhe gebrochen und den genozidalen Krieg in Gaza wieder aufgenommen, anstatt wie vereinbart Verhandlungen über sein Ende zu führen. Angesichts des formulierten Ziels, den Küstenstreifen dauerhaft zu besetzen und seine Bevölkerung zu vertreiben, ist zu erwarten, dass sich das Szenario wiederholt. Der Rückhalt der Mehrheit der Israelis ist Netanjahu dabei sicher: 82 Prozent wollen die Palästinenser aus Gaza vertreiben, so eine in der Zeitung Haaretz am Mittwoch veröffentlichte aktuelle Umfrage.
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