»FAZ, you will see, Palestine will be free«
Interview: Sofia Willer
Warum haben Sie am Montag die Lobby der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) besetzt?
Die deutsche Presse verharmlost bis heute den Genozid in Gaza und hat mit kritischem Journalismus nichts zu tun. Mit der »Operation Gideons Streitwagen« droht der israelische Apartheidstaat, diesen Genozid zu vollenden. Die andauernde Vertreibung und das Aushungern von Millionen Palästinensern haben uns keine andere Wahl mehr gelassen, als zu handeln. Während ihre Kollegen in Palästina ermordet werden, schweigen deutsche Journalisten in ihren luxuriösen Redaktionen voller bequemer Büros oder diffamieren diese Helden als Terroristen. So wird das journalistische Sprachrohr Palästinas in Deutschland systematisch erstickt. Das Hauptgebäude der FAZ haben wir blockiert, weil sie eines der einflussreichsten Medienhäuser in Deutschland ist. Wir klagen damit den deutschen Staat und die deutsche Presse für ihre Mittäterschaft an!
Was haben Sie gefordert?
Erstens: Stoppt die Verharmlosung! Die deutsche Presse muss das israelische Vorgehen als Genozid benennen. Zweitens: Benennt die Täter! Die deutsche Presse muss die Rolle Deutschlands als aktiver Mittäter in diesem Genozid aktiv benennen. Drittens: Zeigt Solidarität! Die deutsche Presse muss sich mit den von Israel gezielt getöteten Journalisten solidarisieren. Israel führt einen Krieg auch gegen die Presse- und Meinungsfreiheit. Viertens: Stoppt die Diffamierung von Protest! Die deutsche Presse muss die Instrumentalisierung von Antisemitismus zum Schutze des israelischen Apartheidstaates beenden. Protest gegen den Genozid ist nicht nur legitim, sondern Pflicht! Fünftens: Palästinensische Stimmen zentrieren! Die FAZ muss die BDS-Richtlinien für professionellen und ethischen Journalismus umsetzen, die mit palästinensischen Journalisten erarbeitet wurden.
Wie verlief die Blockade?
Der Sicherheitsdienst des FAZ-Gebäudes kontaktierte die Polizei. Die tauchte sehr schnell auf. Nach stundenlanger Verhandlung entschied die FAZ, unseren Protest von der Polizei räumen zu lassen. Dabei wurden mehrere Personen verletzt. Die Polizisten schlugen auf Demonstranten ein, malträtierten ihre Köpfe und Gelenke und traten mit voller Kraft zu.
Kam es zum Gespräch mit FAZ-Vertretern?
Nein, die FAZ wollte nicht direkt mit uns reden. Zu Beginn hieß es, dass wir mit Vertretern der Politikredaktion ein »Gespräch« führen könnten, falls wir bereit wären, die Blockade aufzulösen. Darauf sind wir natürlich nicht eingegangen, da die FAZ strikt abgelehnt hat, sich öffentlich auch nur ansatzweise mit unseren Forderungen auseinanderzusetzen. Die Vertreter sprachen zwar mit Teilnehmern der Kundgebung, weigerten sich allerdings, mit Aktivisten aus der Blockade zu reden. Man sieht sich bei der FAZ noch immer als Bastion des unabhängigen Journalismus. Für Kritik hat man kein Verständnis.
Warum haben Sie besetzt, statt zu demonstrieren?
Die angemeldeten Demonstrationen der letzten zwei Jahre haben nichts bewirkt. Und die Unterstützung Israels sowie seines Genozids an den Palästinensern, die heuchlerisch als »Kampf gegen den Antisemitismus« dargestellt wird, muss ein Ende haben! Wir können der Mittäterschaft der deutschen Presse nicht einfach weiter tatenlos zuschauen. Wir sehen zwar, dass Zeitungen und Politiker in den letzten Tagen plötzlich andere Töne anschlagen, aber die wirtschaftliche und militärische Unterstützung Israels geht weiter. Deswegen lassen wir uns von diesem plötzlichen »Sinneswandel« nicht täuschen. Wir müssen noch entschlossener gegen Deutschlands Mittäterschaft vorgehen und haben uns darum entschieden, genau jetzt gezielt eine Institution anzuklagen, die den Genozid medial legitimiert. Wir sagen: FAZ, you will see, Palestine will be free!
Meryem F. spricht für das Palästina-Aktionsbündnis Frankfurt am Main, dessen Blockade von YUNA, »Young Struggle« und »Zora« organisiert wurde
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:
Ähnliche:
- IMAGO/EHL Media24.05.2025
»Völkermord in Gaza«
- Ariel Schalit/AP Photo/dpa05.05.2025
Netanjahu will mehr Krieg
- Ramadan Abed/REUTERS04.04.2025
Journalisten auf der Abschussliste
Mehr aus: Inland
-
»Das geht bis in die lokale Ebene runter«
vom 30.05.2025 -
Noch Platz auf der Bank
vom 30.05.2025 -
Das Parlament als Lautsprecher
vom 30.05.2025 -
Schutz mit Schlupflöchern
vom 30.05.2025 -
Protest im mitteldeutschen Chemiedreieck
vom 30.05.2025