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Aus: Ausgabe vom 27.05.2025, Seite 3 / Schwerpunkt
Kapital und Krise

Rosskur nach Expansionskurs

Das Krisenrezept der Baywa-Bosse: Beteiligungsverkäufe, Standortschließungen und Stellenstreichungen
Von Oliver Rast
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Am Rande des Ruins, aber sichtbar (Stand auf der »Ostbayernschau 2024« in Straubing)

Nach dem Expansionskurs folgt die Rosskur: Unternehmensteile sollen veräußert, Standorte geschlossen, Arbeitsplätze vernichtet werden. Vorstand und Management des genossenschaftlich organisierten Agrar- und Baustoffhändlers Baywa haben den Konzern an den Rand des Ruins gewirtschaftet. Und der deutsche Branchenriese bleibt in der Klemme, auch wenn die Finanzgläubiger dem sogenannten Restrukturierungs- und Sanierungsplan unlängst zugestimmt haben.

Wichtig: Die Gläubigerbanken hatten den Baywa-Bossen immer wieder aufs neue Kredite gewährt. Sie sind mitverantwortlich für Misswirtschaft und Missmanagement des Konzerns, haben ihren Anteil an der Finanzkrise der Baywa. Denn bei der Größenordnung der Kredite dürfe man davon ausgehen, »dass die Banken die Kennzahlen der Baywa AG kannten und dennoch weiteres frisches Geld zur Verfügung stellten«, erklärte Thomas Gürlebeck, Verdi-Landesfachbereichsleiter für den Großhandel in Bayern, in einer Mitteilung.

Zurück zum »Zukunftskonzept« der Baywa. Also dem Verkauf von Firmenbeteiligungen, der Schließung von Niederlassungen, dem »Abbau« von Personal. Ein Maßnahmenbündel, das zeige, »dass alles zugunsten der Banken umgesetzt werden soll«, so Gürlebeck weiter.

Um die Milliardenschulden zu senken, wird die Baywa stark »schrumpfen«. Bereits abgeschlossen sei der Verkauf der Beteiligung an der österreichischen Raiffeisen Ware Austria, berichtete der Bayerische Rundfunk (BR) kürzlich. Damit habe die Baywa 176 Millionen Euro eingenommen. Welche Tochterfirmen und Beteiligungen will der Genossenschaftskonzern in den nächsten Jahren loswerden? Allen voran den neuseeländischen Obstproduzenten T & G, den niederländischen Getreidehändler Cefetra und die Erneuerbare-Energien-Tochter Baywa re. Verkäufe, die 2,2 Milliarden Euro einbringen sollen.

Ferner sieht der Baywa-Vorstand ein »Einsparpotential« von rund 350 Millionen Euro jährlich. Mittels Kostensenkungen, etwa durch eine einfachere Konzernstruktur und die Streichung von Beschäftigungsverhältnissen. So sollen allein beim Mutterkonzern, der Baywa AG, bis Ende 2028 rund 1.600 Stellen wegfallen. Eine Ansage, die eine gewerkschaftliche Antwort verlangt: »Wir werden jetzt gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen um jeden Arbeitsplatz kämpfen«, versicherte Verdianer Gürlebeck.

Medienberichten und Konzernangaben zufolge sollen hierzulande 26 der 400 Baywa-Filialen schließen, darunter sechs Baustoffmärkte und 20 Agrarmärkte. Ende April schlossen die Filialen des Baustoffhandels in Ehingen, Neu-Ulm, Scheßlitz, Mittelneufnach und Obertraubling.

Von Schließungen sind auch Agrarstandorte betroffen – etwa in Kronach. Als »Riesenkatastrophe« bezeichnete jüngst der Kronacher Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes Klaus Siegelin die Ankündigung. »Wir haben im ganzen Landkreis nichts Vergleichbares«. 70 bis 80 Prozent der Landwirte arbeiteten im Nebenerwerb. Wie weit sollten die fahren? »Jetzt kann man nicht mal mehr eine Mistgabel im Landkreis kaufen.«

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