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Aus: Ausgabe vom 26.05.2025, Seite 6 / Ausland
Ecuador

Amtsantritt durchgeboxt

Ecuador: Noboa trotz Manipulationsvorwürfen als Präsident vereidigt. Linke Opposition verweigert sich
Von Volker Hermsdorf
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Hat vorerst sein Ziel erreicht: Daniel Noboa darf auch weiter als Präsident die Geschicke seines Landes bestimmen (Quito, 24.5.2025)

Der Bananenmillionär Daniel Noboa bleibt trotz anhaltender Wahlbetrugsvorwürfe weiterhin Staats- und Regierungschef von Ecua­dor. Am Sonnabend wurde er für die Amtszeit bis 2029 vereidigt. Die Opposition erklärte, dass sie seine Regierung, die sie als illegitim bezeichnete, nicht anerkennt. In Lateinamerika scheint der Machthaber isoliert. Zu seiner Amtseinführung war neben der 2022 durch einen Putscht ins Amt gelangten peruanischen De-facto-Staatschefin Dina Boluarte nur Kolumbiens linker Präsident Gustavo Petro nach Quito gereist. Petro, der Noboas Wahlsieg nicht anerkannt hatte, verband seine Teilnahme mit der Forderung nach Freilassung politischer Gefangener. Insbesondere erwähnte er den ehemaligen Vizepräsidenten Jorge Glas, der 2024 von Noboas Einsatzkräften aus dem Asyl in der mexikanischen Botschaft verschleppt worden war. Andere Länder des Kontinents schickten Vertreter aus der zweiten und dritten Reihe.

Die Amtseinführung war symbolträchtig auf den Jahrestag der Schlacht von Pichincha (am 24. Mai 1822) gelegt worden, mit der Ecuadors Unabhängigkeit von Spaniens Kolonialherrschaft erkämpft wurde. Nach Entgegennahme der Präsidentenschärpe erklärte Noboa, dass er und seine Vizepräsidentin, María José Pinto, gewählt worden seien, damit »Würde und Fortschritt« im Lande herrschen. Er bedankte sich bei allen »Unterstützern« dafür, dass er dank ihres Einsatzes die Stichwahl am 13. April mit 55,63 Prozent der Stimmen und mehr als elf Punkten Vorsprung vor der linken Kandidatin Luisa González gewonnen habe. »Wir haben sie gemeinsam besiegt. Wir haben es auf eine kraftvolle und entschlossene Weise getan, mit dem einzigen Ziel, dieses Land zu retten«, sagte Noboa.

Der reichste Mann des Landes kündigte an, dass seine Regierung »von Transparenz und dem Kampf gegen das organisierte Verbrechen und die Korruption« geleitet sein werde. Er werde gegen »die Oligarchien« vorgehen, »die sich immer auf Kosten des Staates bereichert haben« und mit »all den Mafias« aufräumen, die die Entwicklung der jungen Menschen und der ecuadorianischen Familien beeinträchtigten. »In den kommenden Jahren werden wir uns vor allem auf das Wirtschaftswachstum konzentrieren, mehr Investitionen und Beschäftigung anziehen und den Terrorismus besiegen«, umriss er weitere Prioritäten.

Vor der Wahl hatte Noboa behauptet, in den eineinhalb Jahren seiner ersten Regierung, die Wirtschaft »in Ordnung gebracht« zu haben. Offizielle Daten zeigen jedoch etwas anderes. Nach Angaben der ecuadorianischen Zentralbank (BCE) vom April verzeichnete das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Landes im Jahr 2024 einen Rückgang von zwei Prozent, nachdem es im Jahr 2023 noch um zwei Prozent gewachsen war. Gleichzeitig waren die Armut unter Noboa bis Dezember 2024 in nur einem Jahr von 26 auf 28 Prozent und die extreme Armut von 9,8 auf 12,7 Prozent gestiegen. Auch die Gewalt nahm zu. Allein zwischen Januar und April 2025 wurden 3.084 vorsätzliche Tötungsdelikte registriert.

Die Anschuldigungen der Opposition gegen Noboas Regime gehen allerdings über den Vorwurf der Täuschung über reale Entwicklungen hinaus. Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin González von der linken Bewegung Revolución Ciudadana (RC) erklärte nach Noboas Amtsantritt, dass sie die neue Regierung nicht anerkenne. »Angesichts eines Wahlprozesses, der nicht legal, nicht verfassungsgemäß, nicht frei und, was noch schlimmer ist, nicht demokratisch war, der mit der Komplizenschaft der Wahlbehörden bereits fehlerhaft und korrupt begann, werde ich eine illegitime und verfassungswidrige Macht nicht anerkennen, die aus dem Kauf von Stimmen entstanden ist«, schrieb González auf X. Sie warf dem Nationalen Wahlrat, der Ende April alle Einwände gegen Unregelmäßigkeiten bei der Wahl abgebügelt hatte, insbesondere vor, die geforderte Öffnung der Wahlurnen und eine Neuauszählung der Stimmen blockiert zu haben – trotz angeblicher Beweise für den Betrug. »Wir werden dazu niemals schweigen«, erklärte die Oppositionspolitikerin.

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