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Aus: Ausgabe vom 26.05.2025, Seite 2 / Inland
Antimilitarismus

»Die Lehrer schüchterten die Schüler ein«

FDJ mobilisiert vor Nürnberger Schule gegen Militarisierung. Schulleitung und Polizei versuchen, das zu verhindern. Ein Gespräch mit Alex Frey
Interview: Hendrik Pachinger
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Auch bei den Ostermärschen ist die FDJ mit ihrer antimilitaristischen Botschaft präsent (Nürnberg, 21.4.2025)

Ende Februar protestierten Gymnasiasten in Nürnberg gegen den Auftritt von Werbeoffizieren der Bundeswehr an ihrer Schule. Jetzt kam es erneut zu einer Auseinandersetzung an einem Nürnberger Gymnasium. Was ist passiert?

Nach einer antimilitaristischen Aktion der Freien Deutschen Jugend am Melanchthon-Gymnasium haben wir uns immer wieder mit Flugblättern vor die Schule gestellt. Wir wollten so sympathisierende Schüler auf uns aufmerksam machen. Der Schulleitung hat das von Anfang an nicht gefallen. Direkt beim ersten Mal hatte sie die Polizei verständigt und einem unserer Genossen einen Platzverweis erteilt. Ein paar Verteilungen später sagte uns der Direktor des Gymnasiums dann klipp und klar: Er lehne es ab, dass wir an Schüler politische Flugblätter verteilen. Nachdem er dann einigen Gymnasiasten die Flugblätter aus der Hand gerissen hatte, verständigte er die Polizei. So nahm die Verteilung ein abruptes Ende.

Die Polizei kam und beendete die Verteilung. Warum?

Die beiden Polizisten, die aus dem ersten Polizeiwagen stiegen, teilten mir sofort mit, dass ich das Flyern sofort einzustellen habe. Als ich mich nach dem Grund erkundigte, erklärten mir die Beamten lediglich, dass ich Teil einer polizeilichen Maßnahme bin und den Anweisungen Folge zu leisten habe. Später erklärten die Polizisten noch, unsere Flugblattaktion stelle eine Gefahr dar. Die bestand darin, dass die Verteilung Passanten bedrängen würde. Nachdem zwei weitere Polizeiwagen angerückt waren, wurde ich, da ich weiterverteilt hatte, an die Wand gedrückt und bekam Handschellen angelegt. Anschließend wurde ich durchsucht. Die Personalien von mir und meinem Genossen wurden festgestellt. Nachdem ich etwa zehn Minuten von der Polizei in Handschellen festgehalten worden war, gestatteten mir die Beamten die Fortsetzung der Verteilaktion auf der gegenüberliegenden Seite der Straße.

Das ist nicht das erste Mal, dass eine Verteilaktion unterbunden wurde. Bereits in der Vergangenheit gab es ähnliche Vorfälle. Es heißt, ein Bundeswehrstand auf einer Berufsmesse sei »total verwüstet« worden. Was darf man sich darunter vorstellen?

Auf der Messe war die Bundeswehr prominent mit einem Infostand vertreten. Mehrere Personen stießen dann die Tische und Flyerregale des Standes um und entfernten sich umgehend. Aktionen wie diese wollten wir vor den Schülern dann in den nächsten Wochen in einen politischen Kontext setzen. Die Lehrer der Schule versuchten uns davon abzuhalten. Sie versuchten uns in Diskussionen zu verwickeln, stellten sich zwischen uns und die Jugendlichen. Die Lehrer schüchterten die Schüler ein, sagten, diese Flugblätter seien nichts für sie. Außerdem rissen die Lehrer ihren angeblichen Schützlingen die Flyer sogar aus der Hand.

Wie sind die Reaktionen der Eltern- oder Schülerschaft auf diese Vorfälle?

Von Elternseite ist uns leider nicht bekannt, dass sie sich für oder gegen unsere Aktionen und Aktivitäten an diesem Gymnasium ausgesprochen haben. Im Vorbeigehen haben uns die Schüler immer wieder ihre Sympathie bekundet. Offen bekannte sich aber keiner zu unserer Sache, vermutlich wegen der Lehrereinschüchterung und der massiven Polizeipräsenz vor ihrer Schule.

Wie geht es nun weiter?

Wie sich die Repressionen gegen uns weiter gestalten, werden wir sehen. Je schärfer die Zeiten werden, desto mehr zeigt sich, wo das bürgerliche Recht noch standhält. Die Polizei ist ja zumindest unserer Erfahrung nach oft der Meinung, sie habe recht, weil sie die Polizei ist. Da die Wehrpflicht kommen wird, wird auch unser Widerstand weitergehen. Deswegen rufen wir dazu auf, ein »Komitee gegen die Wehrpflicht« zu schaffen. Es geht um Schulen, Ausbildung, Arbeitsplatz, Uni oder wo wir sonst noch überall sind. Auch Lehrer, Lehramtsstudenten, Eltern, Arbeiter sollten aktiv werden. In erster Linie geht es uns nicht ums bloße Verteilen von Zetteln, sondern um Vernetzung und Organisierung. Eine Chance hierfür ist z. B. das Sommercamp der FDJ in der Nähe von Leipzig.

Alex Frey ist aktiv bei der Freien Deutschen Jugend (FDJ) in Nürnberg

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