Auf der Suche nach den »Instrumenten«
Von Max Grigutsch
In aller Munde ist in den Tagen des Regierungswechsels vor allem die AfD. Wie angekündigt, hat die Partei am Montag Klage beim Verwaltungsgericht Köln gegen ihre Verfassungsschutzeinstufung als »rechtsextremistisch« eingereicht. Ein Gerichtssprecher bestätigte den Eingang der Klage und eines entsprechenden Eilantrags. In der 195seitigen Klageschrift nennen die verantwortlichen Anwälte das Vorgehen des Verfassungsschutzes »offensichtlich rechtswidrig« und monieren einen »staatlichen Eingriff in den demokratischen Wettbewerb«.
Der Inlandsgeheimdienst hatte am Freitag eine neue »Einstufung« der AfD bekanntgegeben, die nun als »gesichert rechtsextremistisch« betrachtet wird. Umgehend ergab sich eine erneute Debatte um ein Verbotsverfahren gegen die Partei, das zuletzt von einer Abgeordnetengruppe des alten Bundestages im Januar erfolglos beantragt worden war. Hatten noch am Freitag der ehemalige Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther für ein Verbot Position bezogen, treten inzwischen führende Vertreter der Union auf die Bremse. So der designierte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) am Sonntag im ZDF: »Ich glaube nicht, dass man eine AfD einfach wegverbieten kann, sondern man muss sie wegregieren.« Ein Verbotsverfahren sei »Wasser auf die Mühlen« der Partei. Ähnlich äußerte sich CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Montag gegenüber Bild. Er halte nichts von einem Verbot, da die AfD größtenteils aus Protest gewählt würde – das ließe sich nicht verbieten.
Mehrere Unionspolitiker meldeten, dass sie die Verbotsdiskussion für verfrüht halten, so am Montag der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gegenüber dem Tagesspiegel und der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter am selben Tag im ARD-»Morgenmagazin«. Auch Politiker der SPD hatten vor Schnellschüssen gewarnt. Allerdings meldete sich am Montag die designierte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig zu Wort. Ein AfD-Verbot könne nicht von den Wahlergebnissen der Partei abhängen, sagte sie in Berlin; wenn die nötigen Voraussetzungen vorlägen, müssten die verfügbaren »Instrumente« genutzt werden.
Eins dieser Instrumente könnte die Parteienfinanzierung sein, gab Hubig zu bedenken. Fast 30 Prozent ihrer Einnahmen – mehr als 11,5 Millionen Euro – erhielt die Partei laut dem letzten Rechenschaftsbericht aus öffentlichen Töpfen. Nach dem »demokratischen« Staat ruft auch Clara Bünger von der Linkspartei. »Die Demokratie darf nicht zulassen, dass sie mit Mitteln aus der Staatskasse ihre eigene Abschaffung auch noch finanziert«, sagte sie am Montag dem Tagesspiegel. Ähnlich der Grünen-Politiker Konstantin von Notz, der gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe – mit Verweis auf die zwei fehlgeschlagenen Verbotsverfahren gegen die NPD (heute: Die Heimat) – auf geringere rechtliche Hürden für eine Gelderkürzung hinwies.
Gegenteiliges kam von Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. »Solange die AfD an Wahlen teilnimmt, stehen ihr auch die entsprechenden Rechte auf staatliche Zuschüsse zu«, erklärte er am Montag im Tagesspiegel. Er richtet sich damit auch gegen Stimmen aus der eigenen Fraktion. Den Ausschluss aus der Parteienfinanzierung zu prüfen legte am Sonnabend etwa der CSU-Politiker Herrmann gegenüber Bild nahe. »Rechtsextreme und verfassungsfeindliche Propaganda aus Steuermitteln zu finanzieren finde ich unerträglich«, sagte am Freitag auch der niedersächsische CDU-Chef Sebastian Lechner.
Eine eher randständige Debatte betrifft unterdessen die Behandlung der AfD in den öffentlich-rechtlichen Sendern. »Spätestens jetzt muss klar sein: Redaktionen müssen ihre Berichterstattung über die Partei anpassen«, sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Mike Beuster, am Sonntag dem Tagesspiegel. »ARD und ZDF haben während des Wahlkampfes häufig nicht mehr den Versuch unternommen, einen Unterschied zwischen rechtsextremen Feinden unserer Verfassung und den demokratischen Kandidaten zu machen«, behauptete der Grünen-Politiker Andreas Audretsch. Das ist ein wenig schief: Aus einer Erhebung der Onlineplattform Statista für das Jahr 2024 geht hervor, dass Vertreter der Grünen (und der Union) verglichen mit ihrem Sitzanteil im Bundestag in einschlägigen Talkshows überrepräsentiert waren, während auf die AfD lediglich 2,6 Prozent der Einladungen entfielen.
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