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Aus: Ausgabe vom 02.05.2025, Seite 5 / Inland
Mietexplosion und Wohnungsnot

Machtlos gegen Mietwucher

Berliner Wohnungsmarkt: Bund und Senat lassen Potentiale der Hauptstadt ungenutzt
Von Ralf Wurzbacher
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Wohnhäuser und Spielplätze statt Asphaltwüsten für Autos, das wäre schön

Wohnungen sind ein knappes Gut, speziell solche in staatlichem Besitz. Auch und gerade gilt das für Berlin, wo zwischen 1990 und 2005 massenhaft öffentlicher Wohnraum privatisiert wurde. Aber es gibt noch Restbestände, und man sollte annehmen, dass die Politik sich um die besonders kümmert. Ein ganz anderer Eindruck drängt sich im Fall des Hauptstadtsenats auf. Alexander King, Landesvorsitzender des BSW und Mitglied im Abgeordnetenhaus, hat sich in einer schriftlichen Anfrage nach dem Umgang mit den Liegenschaften der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) erkundigt. Die unterhalte in der Spreemetropole »Wohnpotentiale, die für die Wohnraumversorgung der Berliner Bevölkerung von einiger Bedeutung sind«, erklärte er am Dienstag in einer Stellungnahme gegenüber jW. Nun aber musste er »entsetzt« feststellen: »Die Stadtspitze interessiert sich offenbar nicht dafür.«

Die BImA mit Hauptsitz in Bonn verfügt laut Eigendarstellung über bundesweit 38.000 Wohnungen und sei damit »eine der größten Immobilieneigentümerinnen Deutschlands«. King wollte wissen, wie viele Objekte sie in Berlin bewirtschaftet, welche davon wichtig für die Stadtentwicklung sind und was den Berlinern in den vergangenen zehn Jahren »bezugsreif«, im Sinne der »Wohnungsfürsorge« zur bezahlbaren, angemessenen, barrierefreien Nutzung zur Verfügung gestellt wurde. Die betreffende Passage in seiner Anfrage umfasst acht Fragen. Keine einzige wurde beantwortet. Weil die Anstalt Bundeseigentum sei, lägen dem Land keine entsprechenden Informationen vor. Die ließen sich zwar ziemlich leicht einholen, doch die Verantwortlichen scheinen überfordert. Konkret hatte King auf drei Mehrfamilienhäuser in Schöneberg verwiesen. Auch dazu sinngemäß: Nichts Genaues weiß man nicht.

Den BSW-Politiker wundert das. Er hatte erwartet, das Land und die Bundesregierung zögen an einem Strang, um alle Möglichkeiten zum Wohle der Wohnungssuchenden optimal zu nutzen – »aber Fehlanzeige«. Bekannt sei zum Beispiel, dass in der Monopolsiedlung in Berlin Mariendorf Wohnungen der BImA leerstehen. Aber »der Senat sieht sich in keiner Weise veranlasst, sich darum zu kümmern«. Es gab Zeiten, in denen Berlin mehr von der BImA wissen wollte. 2014 verhandelte das Land über den Erwerb des »gesamten Wohnungsportfolios der BImA in Berlin«, wie es in einer Bekanntmachung hieß. Im Gespräch waren ferner »sogenannte Potentialflächen für den Wohnungsbau – unter anderem Flächen, auf denen sich derzeit Parkplätze oder Brachflächen befinden«. Was aus der Initiative wurde, wollte King in Erfahrung bringen. Nach umfangreichen Abstimmungen seien die Gespräche »aufgrund divergierender Kaufpreisvorstellungen nicht abgeschlossen« worden, heißt es in der Replik. »Der Senat befindet sich über den Ankauf entsprechender Potentialflächen weiterhin in regelmäßigen Verhandlungen mit der BImA.«

Es hat den Anschein, als halte deren Rechtsaufseherin, das Bundesfinanzministerium, ziemlich hartnäckig an den Beständen fest. Das zeigte sich auch 2021 bei der Frage nach Nutzung eines, wie King schrieb, »entbehrlichen« ehemaligen Kasernengeländes in Tempelhof für sozialen Wohnungsbau und zu Zwecken der Flüchtlingsunterbringung. Auch da winkte der Bund am Ende ab. Seither ist an dem Standort nichts passiert, was einmal mehr die Frage aufwirft, warum die Politik angesichts der drückenden Wohnungsmisere mit Untätigkeit »glänzt« und eine dringend erforderliche Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern augenscheinlich nicht stattfindet. Für King ist das alles »skandalös«.

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