Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Freitag, 13. Dezember 2024, Nr. 291
Die junge Welt wird von 2993 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 25.10.2024, Seite 7 / Ausland
Thailand

Aufarbeitung unwahrscheinlich

Thailand: Tak-Bai-Massaker beschäftigt Justiz, doch Angeklagte könnten davonkommen
Von Thomas Berger
gfd.JPG
Festgenommmene Männer vor ihrem Abtransport am 25. Oktober 2004 in Tak Bai

Genau 20 Jahre liegt das Tak-Bai-Massaker diesen Freitag zurück – eine nur notdürftig vernarbte Wunde der jüngeren Geschichte Thailands, die gerade wieder aufgebrochen ist. Denn unmittelbar vor dem drohenden Ablauf der Verjährungsfrist sollen damals Verantwortliche doch noch juristisch belangt werden. Pikant ist, dass Premierministerin Paetongtarn Shinawatra seit kurzem das Königreich regiert. Zu Zeiten des Massakers hatte ihr Vater Thaksin Shinawatra diesen Posten inne. Im jetzigen Verfahren geht es zwar nicht um ihn direkt. Doch der Hauptangeklagte Pisal Wattanawongkiri saß zuletzt für die Regierungspartei Pheu Thai im Abgeordnetenhaus. Inzwischen ist er einem Rauswurf aus der Fraktion mit einer Austrittserklärung zuvorgekommen – und untergetaucht. Laut Paetongtarn halte die Regierung keineswegs ihre schützende Hand über ihn, sondern habe eine Fahndung über Interpol veranlasst.

Der General a. D. war vor 20 Jahren Regionalkommandeur der Armee im Süden, als sich der Vorfall in Tak Bai in der Provinz Narathiwat ereignete. Damals wurde ein Protest Hunderter Muslime vor einer Polizeistation niedergeschlagen, wobei es sieben Tote gab. 78 weitere Angehörige der Minderheit starben, weil sie nach Festnahmen durch das Militär bei Hitze gefesselt und zusammengepfercht in Lkws transportiert worden sein sollen. Jetzt ist wegen der 85 Toten Anklage erhoben worden. Zu den sieben Beschuldigten gehört auch Wattanawongkiri, der sich vor der Befragung durch das Gericht wohl nach Japan abgesetzt hat. Der Vizechef des Parlaments erklärte, er habe einer mehrwöchigen Krankmeldung des vormaligen Abgeordneten zugestimmt. Zum ersten angesetzten Termin für eine Befragung erschien keiner der Angeklagten. Das Gericht, das an dem Verhandlungstag zumindest Staatsanwaltschaft und Hinterbliebene der Opfer anhörte, hat den Beschuldigten bis Mitternacht des 25. Oktober, des letzten Tags vor Ablauf der Verjährungsfrist, eingeräumt, um noch persönlich vorstellig zu werden.

Um die Ereignisse von damals besser zu verstehen, muss man etwas weiter in der Geschichte zurückgehen. Die drei Provinzen Yala, Pattani und Narathiwat waren seit etwa 1450 ein eigenständiges Sultanat und wurden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts endgültig vom Zentralstaat einverleibt. Bis heute ist die Region die einzige im sonst buddhistisch geprägten Thailand, in der muslimische Malaien die Mehrheit stellen. Schon seit Jahrzehnten sind mehrere separatistische Rebellengruppen aktiv, die das frühere Sultanat Pattani am liebsten wiederauferstehen lassen wollen. Ab Januar 2004 erschütterte eine Gewaltwelle mit Tausenden Opfern die Region, als eine neue Generation von Aufständischen eine Kampagne startete und die staatlichen Einsatzkräfte mit brutaler Gewalt vorgingen. Anschläge fanden in dieser Zeit selbst in Bangkok statt. Inzwischen laufen häufig stockende Verhandlungen, um eine friedliche Lösung des Konflikts zu erreichen.

Damit Licht ins Dunkle der Geschehnisse kommt, übt nicht nur die oppositionelle linksliberale Volkspartei (PP) öffentlichen Druck aus – in einer Erklärung haben zu Wochenbeginn auch 43 NGOs einen Appell an die Regierung geschickt, in dem sie fordern, die diesen Freitag auslaufende Chance für späte Gerechtigkeit unbedingt zu nutzen. In diesem Sinne äußerte sich auch die nationale Menschenrechtskommission. Zu einer möglichen Verlängerung der Verjährungsfrist gab Shinawatra jedoch bisher keine Auskunft. Zwei Bombenexplosionen im Süden des Landes am Mittwoch und in der Nacht auf Donnerstag mit insgesamt fünf Verletzten sind wohl auch als Warnung aufzufassen.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

Ähnliche:

  • Demonstranten in Bangkok fordern Veränderungen in der Monarchie ...
    12.11.2021

    Streit um Königshaus

    Thailand: Debatte um Gesetz zu Majestätsbeleidigung geht in neue Runde
  • Salat für die Reporter: Yingluck Shinawatra im Februar bei ihrer...
    22.03.2016

    Mit der Presse im Gemüsebeet

    Mit der Presse im Gemüsebeet: Die beim Putsch 2014 als Premierministerin abgesetzte Yingluck Shinawatra gibt nicht auf

Regio: