EU kann nur verlieren
Von Reinhard Lauterbach
Ob das geplante neuerliche Treffen von Donald Trump und Wladimir Putin zu einem Durchbruch in Richtung Beendigung des Ukraine-Kriegs führen wird, ist völlig offen. Die Frage ist eher, ob es dies überhaupt leisten kann. Denn Frieden im landläufigen Sinne – und Pax Americana, wie sie Trump anstrebt, erst recht – setzt geklärte Kräfteverhältnisse voraus: dass es einen gibt, der sagt, wo es langgeht, und niemanden, für den es sich lohnen würde, dagegen aufzubegehren. Genau diese Voraussetzungen sind im Verhältnis zwischen Russland und den USA aber fraglich.
Hinzu kommt, dass Putin und Trump beschließen können, was sie wollen; auf der Seite der Ukraine und ihrer Unterstützer in der EU und in Großbritannien liegt zwar nicht die Macht, den Krieg für sie siegreich zu beenden – aber Verhinderungsoptionen haben sie genug. Dies zu verhindern, hätten die USA womöglich die Macht, aber die Frage ist, ob dies in Donald Trumps Interesse wäre. Denn das würde die USA genau in einem Ausmaß für die Entwicklung in Osteuropa mitverantwortlich machen, wie es Trumps bisheriger Politik widerspräche. Sie hat ja darauf beruht, die USA als unmittelbaren Akteur aus der vorderen Schusslinie zu nehmen und die Europäer für den Krieg zahlen und sterben zu lassen.
In einem aber sind sich Trump und Putin mit Sicherheit einig: dem Interesse, die EU alt aussehen zu lassen. Sich ausgerechnet bei Brüssels Schmuddelkind Viktor Orbán einzuladen, straft schon im Ausgangspunkt die Versuche der EU-Spitze Lügen, Orbán als politisch isoliert darzustellen und entgegen den verbrieften Vetomöglichkeiten des magyarischen Mitgliedsstaates ohnehin zu machen, was sie wollen.
Das könnte paradoxerweise ein positives Omen für das bevorstehende Treffen sein. Denn wenn nichts dabei herauskommt, wäre außer Spesen nichts gewesen, und beide Präsidenten hätten ihren ungarischen Partner – der für Russland einer der letzten in der EU ist – brüskiert und blamiert. Ein irgendwie messbarer Erfolg würde dagegen auch Orbán als Gastgeber aufwerten, was zumindest für Russland durchaus im langfristigen diplomatischen Interesse wäre. Blamiert wäre dann die EU, die bei einem Erfolg des Budapester Treffens um die Einsicht nicht herumkäme, dass sie sich selbst erfolgreich aus dem Spiel um ein Kriegsende in der Ukraine genommen hat. Die herrschende Geifertruppe um Ursula von der Leyen und Kaja Kallas im Brüsseler Herbstregen stehen zu lassen – das wäre allein schon ein Erfolg des Treffens, der es wert wäre.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (19. Oktober 2025 um 15:10 Uhr)Warum also »EU kann nur verlieren«? In vielerlei Hinsicht hat die Union längst verloren. Wirtschaftlich wie politisch ist sie kaum in der Lage, die zweite Trump-Ära zu überstehen – und klammert sich deshalb an die Illusion, danach gemeinsam mit den Demokraten Russland in die Knie zwingen zu können. EU-Politiker malen Russland in einem Atemzug als schwach, zerbrechlich und zugleich bedrohlich – offenbar im Glauben, dass diese Propaganda noch jemand für bare Münze nimmt. Das geplante Treffen in Budapest ist eine offene Ohrfeige für Brüssel, das ist klar. Selbst die Anreise Putins wirft Fragen auf – der einzige wirklich freie Weg scheint über den Weltraum zu führen. Und: Budapest als Schauplatz ist riskant. Die Gefahr, dass ukrainische Geheimdienste aus dem benachbarten Ungarn intervenieren, ist real. Historische Parallelen zu Sarajevo mahnen zur Vorsicht – das Treffen birgt mehr Risiken, als viele wahrhaben wollen.
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Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (18. Oktober 2025 um 04:16 Uhr)»Die herrschende Geifertruppe um Ursula von der Leyen und Kaja Kallas im Brüsseler Herbstregen stehen zu lassen – das wäre allein schon ein Erfolg des Treffens, der es wert wäre.« An Stelle Putins würde ich keinem Mitgliedsland der EU beim Überflug trauen, da mir dabei sofort die erzwungene Notlandung des bolivianischen Präsidenten Morales im »garantiert neutralen« Wien einfällt. Aber der Fall wird sicher bei den Reisevorbereitungen in Moskau mit in Erwägung gezogen und vorsorglich ausgeschlossen. Ursula von der Leyen und Kaja Kallas flöteten ja gerade, dass keine Einwände beständen, dass Putin in das Territorium der EU zu politischen Gesprächen einfliegt. Ob er auch wieder ausfliegen kann wie Morales nach Durchsuchung seines Flugzeuges, dazu äußerten sie sich allerdings nicht. Wer Präsidentschaftskandidaten in Rumänien absetzen kann, der kann dort oder in Bulgarien auch russische Flugzeuge landen lassen. Bei dieser regel(los) basierten Piraterie der EU – auch bei Beschlagnahme auf finanziellem Gebiet – muss man auf alles gefasst sein.
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Leserbrief von Onlineabonnent/in Heinrich H. aus Stadum (17. Oktober 2025 um 20:08 Uhr)Wie kommt Putin nach Ungarn? Zusammen mit Trump in der Air Force One? Rings um Ungarn sind ja lauter NATO-affine Staaten, die Putin den Überflug verweigern könnten … Höchstpersönlich wird Putin keine Luftraumverletzung durchführen.
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