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Aus: Ausgabe vom 12.11.2025, Seite 6 / Ausland
Kolumbien

Hinterhof im Fadenkreuz

Trump-Plan enthüllt: Kolumbiens und Venezuelas Präsidenten sollen im Gefängnis landen. US-Umsturzabsichten nehmen Form an
Von Nils Heidenreich, Bogotá
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Anhänger Petros fordern die USA auf, Kolumbiens Souveränität zu respektieren (Bogotá, 24.10.2025)

Die kolumbianische Onlinezeitschrift Cambio hat am Sonntag einen fünfstufigen Plan mit dem Namen »Trump-Doktrin« enthüllt. Das Ziel: Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro und dessen kolumbianischen Amtskollegen Gustavo Petro hinter Gitter bringen. Seit Wochen fliegt die USA Luftschläge auf vermeintliche Boote von Drogenschmugglern in der Karibik und dem Pazifik – und setzt Kolumbien und Venezuela zunehmend unter Druck. Nun hat die Veröffentlichung der Cambio eine weitere Verschärfung der diplomatischen Beziehungen ausgelöst.

Mitte Oktober hatte US-Präsident Donald Trump den kolumbianischen Präsidenten bereits als Drogenhändler bezeichnet – ohne Angabe jeglicher Nachweise. Mit dieser Begründung hatte er Petro auf die berüchtigte »Lista Clinton«, offiziell: Specially Designated Nationals and Blocked Persons, setzen lassen. Die Liste wird zur Verhängung von Embargos gegen Personen genutzt, die den Interessen der USA entgegenstehen.

Laut den Dokumenten, die der Zeitschrift Cambio vorliegen, wurde die Existenz des Plans durch ein Foto aus dem Oval Office des Weißen Hauses aufgedeckt. Darauf zu sehen: republikanische Senatoren und Berater Donald Trumps neben einer blauen Mappe, die ein Bild von Petro und Maduro in orangefarbenen US-Häftlingsuniformen zeigt. Aus dem Dokument gehen außerdem fünf Maßnahmen hervor: Die Einstufung neuer Kartelle als ausländische Terrororganisationen, die Unterstützung US-treuer Präsidenten in Lateinamerika, gezielte Sanktionen gegen Petro, seine Familie und Verbündete, Ermittlungen gegen ihn wegen angeblicher Korruption oder ausländischer Finanzierung sowie diplomatische und juristische Maßnahmen zur Destabilisierung seiner Regierung.

Die auf dem geleakten Foto zu sehende Akte zeigt zudem deutlich das Logo des republikanischen Senators Bernie Moreno, den Petro als Anstifter hinter der Operation vermutet. Moreno ist kolumbianischer Auswanderer; er und seine beiden Brüder Luis Alberto (ehemaliger Botschafter Kolumbiens in den USA unter Präsident Andrés Pastrana) und Roberto sind weiterhin als Geschäftsleute in Kolumbien tätig. Petro hatte in seiner Zeit als Senator den Morenos vorgeworfen, in Korruption und illegale Bauprojekte im Umland von Bogotá verwickelt zu sein. Den nun aufgedeckten Plan sieht er deshalb als Rachefeldzug der Brüder, die er zuletzt außerdem der Geldwäsche für Drogenhändler beschuldigte.

In einer zweiteiligen Mitteilung auf X kündigte Kolumbiens erster linker Präsident an, die Beweise hierfür der Organisation Amerikanischer Staaten vorzulegen und fügte in Richtung der US-amerikanischen Regierung an: »Was sie anstreben, ist nicht die Zerschlagung von Kartellen, im Gegenteil: Politiker der kolumbianischen extremen Rechten mit Verbindungen zur Mafia sind in die USA gereist, um die Regierung Kolumbiens zu zerstören, einfach weil sie progressiv ist und nicht mit der narcoparamilitärischen Regierungsführung vereinbar ist, die mein Land erlebt hat und die ich angeprangert habe. Was sie anstreben, ist die Homogenisierung Lateinamerikas als gehorsamer Diener einer Regierung, die die Regeln der Souveränität und Demokratie nicht respektiert.« Als Reaktion habe Petro am Sonntag angekündigt, den US-Botschafter John McNamara offiziell auszuweisen, berichtete Cambio. Eine Entscheidung sei jedoch noch nicht gefallen, sagte der Minister für multilaterale Angelegenheiten, Mauricio Jaramillo, am Montag gegenüber Blu Radio.

Die sich bereits in allen Punkten im Vollzug befindliche »Trump-Doktrin« gibt dem aktuellen Geschehen eine Form. Mit ihren militärischen Aktivitäten in der Region eskalieren die USA die Beziehungen zunehmend. Die seit knapp 200 Jahren geltende Anspruchshaltung der Vereinigten Staaten auf Lateinamerika als »Hinterhof« unter politischer und wirtschaftlicher Kontrolle, hat unter Trump und seinem Außenminister Marco Rubio eine neue Intensität erhalten. Neben den militärischen und persönlichen Drohungen gegen Petro und Maduro hat die US-Regierung kürzlich dem strauchelnden Präsidenten Javier Milei bei den Zwischenwahlen in Argentinien einen unerwarteten Erfolg beschert, indem sie die Zahlung von Devisen an dessen Wahlsieg gekoppelt hat. Bei den im kommenden Jahr in Kolumbien anstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen scheint Trump einen ähnlichen Effekt erzielen zu wollen.

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