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Aus: Ausgabe vom 12.11.2025, Seite 6 / Ausland
Ukraine

Dollars und ein Goldklo in Kiew

Ukraine: Antikorruptionsrazzia gegen flüchtigen Exgeschäftspartner von Präsident Selenskij
Von Reinhard Lauterbach
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Die Korruptionsfälle im Umfeld von Selenskij häufen sich

Das Zentrale Antikorruptionsbüro der Ukraine (NABU) hat am Montag die Wohnung und Geschäftsräume eines zumindest früher engen Mitarbeiters des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij durchsucht. Es handelt sich um Timur Mindich, Miteigentümer des Fernsehunternehmens »Kwartal 95«. Ukraines Präsident hatte die TV-Firma, die ihn einst als Entertainer landesweit bekannt machte, 2003 mitgegründet. Selenskij hatte Mindich nach Kiew mitgenommen, als er zum Präsidenten gewählt wurde. Bei der Durchsuchung von dessen Wohnung wurden nach Angaben der NABU packenweise Hundertdollarscheine beschlagnahmt sowie eine goldene Toilettenschüssel vorgefunden.

Ein zweiter Beschuldigter ist der frühere Energieminister German Galuschtschenko. Er soll seine Position ausgenutzt haben, um den staatlichen Kraftwerksbetreiber Energoatom zu schädigen. Der Plan habe darin bestanden, alle Lieferanten der ukrainischen Atomkraftwerke zu Schmiergeldzahlungen in Höhe von zehn bis 15 Prozent der Auftragssumme zu zwingen, wenn sie die Geschäftsverbindung zu Energoatom aufrechterhalten wollten. Mindich ist flüchtig. Er hatte offensichtlich Stunden vor der Razzia einen Hinweis erhalten und soll die Ukraine Hals über Kopf verlassen haben. Der Geschäftsmann war offenbar schon länger im Visier der Ermittler, die seine Wohnung über mindestens ein Jahr abgehört haben. Angeblich soll sich auch Selenskij zu geschäftlichen Besprechungen dort aufgehalten haben.

Mit der Razzia bei Mindich lebt ein Skandal wieder auf, der im Sommer zu den ersten Anti-Selenskij-Protesten seit Kriegsbeginn geführt hatte. Damals hatte der Präsident versucht, die Antikorruptionsermittler seiner Behörde zu unterstellen. Er hatte das Vorhaben allerdings schon nach wenigen Tagen aufgeben müssen, nachdem ihm die EU mit dem Entzug der Finanzmittel gedroht hatte. Damals kam es zu der kuriosen Situation, dass die Selenskij-treue Mehrheit erst für den Maulkorb für die Antikorruptionsbehörden stimmte und eine Woche später für das Gegenteil. Inzwischen distanzierte sich der Präsident von Mindich und erklärte, die Korruptionsermittlungen auf allen Ebenen seien »extrem wichtig« für die Ukraine.

Exenergieminister Galusch­tschenko ist auch verdächtig, Aufträge zur Sicherung ukrainischer Energieanlagen gegen Bomben- und Raketenschläge nicht ausgeführt und das bewilligte Geld abgezweigt zu haben. Auf Audiodateien mit mutmaßlichen Gesprächen der Beteiligten soll die Galusch­tschenko zugeordnete Stimme gesagt haben, der Wiederaufbau zerstörter Anlagen sei lukra­tiver, als sie jetzt zu schützen.

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  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (12. November 2025 um 10:11 Uhr)
    Goldene Zeiten, goldenes Klo: Eine goldene Toilettenschüssel in Kiew. Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll. Vielleicht beides. Denn dieses Stück Luxuskeramik sagt mehr über die Weltpolitik aus als hundert Gipfelerklärungen. Die einen sehen darin den Beweis für ungebrochene Korruption – die anderen ein glänzendes Symbol westlicher Naivität. Vielleicht aber ist es ganz einfach: Wir scheißen auf Gold, oder schlimmer noch – wir scheißen schon Gold, bezahlt von denen, die immer noch glauben, sie fördern Demokratie. Die Antikorruptionsbehörde durchsucht Wohnungen, der Präsident distanziert sich, Brüssel nickt weiter Schecks ab – alles läuft nach Drehbuch. Und während irgendwo wieder jemand beteuert, wie wichtig Transparenz sei, glänzt in einem stillen Örtchen das teuerste Sinnbild Europas: ein goldener Thron für all das, was schiefgelaufen ist.
  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Joachim S. aus Berlin (12. November 2025 um 05:21 Uhr)
    Die Razzia soll gut informierten Kreisen nach massiv von den USA gefordert worden sein. Dort schlägt man nach bewährtem Rezept ganz oft erst den Sack, bevor der Esel dran ist. Wann wohl tauchen auf den Straßen Kiews Schilder auf, auf denen in perfektem Englisch geschrieben steht »Selenski muss weg«? Lange hin scheint es bis dahin nicht mehr zu sein. Selenskis Fluchtroute ist, wie man hören kann, schon vorbereitet und Saluschny steht bereits Gewehr bei Fuß. Im wahrsten Sinne des Wortes.

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