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Aus: Ausgabe vom 12.11.2025, Seite 7 / Ausland
Syrien

Trump hofiert Al-Qaida-Mann

USA: Syriens Machthaber schließt sich bei Besuch im Weißen Haus »Anti-IS-Koalition« an
Von Lars Pieck
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Gemeinsam mit dem »früheren« Dschihadisten den »Islamischen Staat« bekämpfen: Trump und Al-Scharaa am Montag (Ortszeit) im Weißen Haus

US-Präsident Donald Trump will alles in seiner Macht Stehende tun, um Syrien zum Erfolg zu verhelfen: So erklärte er es am Montag, nachdem er mit Ahmed Al-Scharaa das erste syrische Staatsoberhaupt seit der Unabhängigkeit des Landes 1946 in Washington empfangen hatte – also den ehemaligen Al-Qaida-Kommandeur, der noch bis vor kurzem von Washington als ausländischer Terrorist mit Zwangsmaßnahmen belegt war. Zwar verzichtete Trump auf einen öffentlichen Empfang, Fotos sowie eine gemeinsame Pressekonferenz mit dem »früheren« Dschihadisten, aber der Besuch demonstrierte auch so die offene Unterstützung für den US-Mann in Damaskus.

Zeitgleich wurden die US-Zwangsmaßnahmen gegen das Land nach einer im Mai erstmals beschlossenen Suspendierung um weitere 180 Tage ausgesetzt. Eine vollständige Aufhebung erfordert noch die Zustimmung des Kongresses. Erst am Freitag hatten die US-Behörden die Designierung Al-Sharaas und von dessen Innenminister Anas Hasan Khattab als sogenannte Specially Designated Global Terrorists zurückgenommen. Das Zehn-Million-Dollar-Kopfgeld auf Mohammed Abu Dscholani – Al-Scharaas alter Kampfname – war schon im Dezember aufgehoben worden. Bis 2017 führte Dscholani den syrischen Al-Qaida-Ableger Nusra-Front an und gründete dann die Dschihadistenmiliz Haiat Tahrir Al-Scham (HTS) als Nachfolgebewegung gegen Präsident Baschir Al-Assad, den er im vergangenen Dezember stürzte.

Im UN-Sicherheitsrat waren zuvor am Donnerstag ebenfalls die Sanktionen gegen Al-Scharaa und Khattab aufgehoben worden. Von den 15 Ratsmitgliedern stimmten 14 für die Resolution – darunter auch Moskau, das sich mit Al-Scharaa jüngst auf den Weiterbetrieb der zwei russischen Militärbasen im Land geeinigt hatte –, während China sich enthielt und von einer trotz »großer Differenzen« erzwungenen Abstimmung sprach.

Bezüglich eines seit Monaten von den USA vorangetriebenen sogenannten Sicherheitsabkommens zwischen Damaskus und Tel Aviv zeigte sich Al-Scharaa wenig überraschend in Washington offen. Er lässt seit seiner Machtübernahme Landnahme und Bombardierungen Israels in Syrien weitgehend unbeantwortet. Was eine mögliche Beteiligung an den von Trump ins Leben gerufenen »Abraham Accords« zwischen arabisch/islamischen Ländern und Israel angeht, erteilte Al-Scharaa vorläufig eine Absage. Vereinbart wurde im Weißen Haus jedoch, dass Syrien der von den USA geführten »Anti-IS-Koalition« gegen den »Islamischen Staat« beitreten und in US-Militärstrukturen eingebunden werden soll. Außerdem erhält es US-Waffen und -Technik sowie Zugang zu Pentagon- und Geheimdienstinformationen.

Einheiten Al-Scharaas, die für Massaker an Tausenden Drusen und Alawiten in den vergangenen Monaten verantwortlich sind, sollen durch die Integration in eine zentralisierte Kommandostruktur unter US-Beobachtung kontrolliert werden, hieß es. Gleiches gilt für die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). Zehn Jahre nach ihrer Gründung sollen die SDF mit rund 100.000 Kämpfern die stärkste Militäreinheit in der deutlich kleineren syrischen Armee bilden. Das soll den Einfluss der Türkei und des Iran, auch im Interesse Israels, begrenzen.

Dazu wollen die USA auf einem Luftwaffenstützpunkt in Damaskus militärische Präsenz zeigen. Das syrische Außenministerium hatte die ebenfalls Ende vergangener Woche bekanntgewordenen Pläne zunächst dementiert. Die Militärbasis liegt an einem Zugang zu geplanten »entmilitarisierten Gebieten« im Süden Syriens. Wie Reuters berichtete, hat das Pentagon in den vergangenen Monaten bereits mehrere Erkundungsmissionen durchgeführt. Wann Soldaten stationiert werden sollen, bleibt demnach weiter unklar. Eine Landebahn sei aber sofort einsatzbereit. Die USA hatten auch im Libanon und Israel zuletzt jeweils eine neue Militärbasis eröffnet, die, offiziellen Angaben zufolge, Waffenstillstandsvereinbarungen überwachen sollen. Im Nordosten Syriens ist seit Jahren US-Militär stationiert. Im April hatte Washington jedoch angekündigt, die Truppenstärke dort zu halbieren.

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