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Aus: Ausgabe vom 28.10.2025, Seite 6 / Ausland
New York City

Hoffnung auf Mamdani

New York City: Kandidat der Demokratischen Sozialisten könnte Bürgermeister werden. Er hat vor allem den angespannten Wohnungsmarkt im Blick
Von Lars Pieck
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»New York steht nicht zum Verkauf«: Mit diesem Slogan lässt sich in der US-Metropole gut Wahlkampf machen (26.10.2025)

Auf der letzten großen Wahlkampfkundgebung am Sonntag im New Yorker Stadtteil Queens gaben sich Zohran Mamdani und seine Unterstützer siegessicher. Vor der Bürgermeisterwahl in der US-Me-tropole am 4. November liegt der Politiker von den Demokratischen Sozialisten (DSA) mit zweistelligem Vorsprung vorn. Die eigenständige Organisation tritt bei Wahlen über die Liste der Demokratischen Partei an. Der 34jährige setzt auf Mietpreisbremse, kostenlose Busse und Kinderbetreuung und mobilisiert vor allem junge Wähler. Trotz des erneuten Antretens des ehemaligen Gouverneurs Andrew Cuomo als »Unabhängiger« und dessen Unterstützung durch US-Präsident Donald Trump nahestehende Kreise bleibt Mamdani Favorit. Seine Pläne, erschwinglichen Wohnraum auszubauen und städtische Dienste zu erweitern, könnten wegweisend für die USA sein.

Bei den Vorwahlen der Demokratischen Partei hatte sich Mamdani im Juni, unterstützt vom Senator Bernie Sanders und der Kongressabgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez, gegen Cuomo und weitere Kandidaten durchgesetzt. Sein Sieg gilt als wichtiger Erfolg der New Yorker DSA und als wegweisend im internen Kampf um die Ausrichtung der Demokratischen Partei. Cuomo, der 2021 nach Vorwürfen sexueller Übergriffe als Gouverneur zurückgetreten war, tritt trotz seiner Niederlage in der Vorwahl erneut an, in einem letzten Versuch, Mamdanis Erfolg zu stoppen.

Einmischungen der Trump-Regierung sowie Angebote lukrativer Posten oder Belohnungen an andere Kandidaten, um das Feld gegen ihn zu vereinen, blieben erfolglos. Der teils bizarre Wahlkampf, in dem Medien und Gegner Mamdani wegen seiner palästinasolidarischen Positionen attackierten, während dieser immer wieder die Lebenshaltungskosten in den Mittelpunkt rückte, hat Cuomo kaum genutzt. Trotz monatelanger rassistischer Hetzkampagnen und erheblicher finanzieller Unterstützung unter anderem vom New Yorker Exbürgermeister und Geschäftsmann Michael Bloomberg mit mehr als 20 Millionen US-Dollar sind Cuomos Chancen gering.

Mamdanis überwiegend durch Kleinspenden und öffentliche Mittel finanzierte Kampagne zeigt ihn in Alltagssituationen, vor mietpreisgebundenen Gebäuden oder in der U-Bahn, stets unter dem Slogan: »New York ist zu teuer. Zohran wird die Kosten senken und das Leben einfacher machen.« Online dominiert er die Aufmerksamkeit, er sammelte 4,5 Millionen Follower auf Instagram sowie eine Million auf Tik Tok und X. Zudem unterstützen 75.000 Freiwillige die Kampagne im Tür-zu-Tür-Wahlkampf.

Mamdanis Popularität ist nachvollziehbar. Als Bürgermeister von New York City plant er, die Mieten für rund eine Million mietpreisgebundene Wohnungen für vier Jahre einzufrieren und innerhalb von zehn Jahren 200.000 dauerhaft erschwingliche, gewerkschaftlich errichtete Wohnungen zu bauen. Damit will er die Wohnraumknappheit verringern und die Abwanderung von Familien bremsen. Weitere Pläne umfassen ein städtisches Netzwerk gemeinnütziger Lebensmittelgeschäfte, kostenlose Busnutzung, den Ausbau der Infrastruktur mit Vorrangspuren und optimierten Haltestellen sowie eine kostenlose Betreuung für Kinder bis fünf Jahre, verbunden mit einer Anhebung der Löhne für Betreuungspersonal. Zudem will er ein Amt für öffentliche Sicherheit einrichten, das für Gewaltprävention, Krisenintervention und psychische Gesundheit zuständig ist, unter anderem durch Sozialarbeiter an U-Bahn-Stationen, medizinische Angebote in ungenutzten Gewerberäumen und zusätzliche Betreuer.

Zur Finanzierung schlägt Mamdani vor, den Körperschaftsteuersatz auf 11,5 Prozent anzuheben und Einkommen über eine Million Dollar jährlich mit einer zusätzlichen Steuer von zwei Prozent zu belasten. Hierbei handelt es sich kaum um radikale Umverteilung, doch die Pläne reichen aus, um den Zorn Trumps auf sich zu ziehen: Sollte Mamdani Bürgermeister werden, kündigte der Präsident an, New York Milliarden an Bundesmitteln vorzuenthalten, die Nationalgarde »wenn nötig« einzusetzen und Mamdani zu verhaften, sollte er sich den Einwanderungsbehörden widersetzen. Der Präsident räumte jedoch ein, dass Mamdani wahrscheinlich gewinnen werde: »Aber hier ist die gute Nachricht: Er muss sich mit dem Weißen Haus auseinandersetzen.« Ob der junge Hoffnungsträger nicht nur innerparteiliche Sabotage, sondern auch den Druck aus Washington überstehen kann, bleibt abzuwarten.

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