Kriegsdienst kehrt zurück
Von Slavko Stilinović
Das kroatische Parlament hat am Freitag die Wiedereinführung der Wehrpflicht beschlossen. Die historische Entscheidung markiert eine Kehrtwende in der Politik des NATO- und EU-Mitglieds, das 2008 zur Berufsarmee übergegangen war. Für die Umsetzung mussten zwei Gesetze geändert werden: 84 von 151 Abgeordneten stimmten für die Änderung des Verteidigungs-, 110 für die Anpassung des Wehrdienstgesetzes. Verteidigungsminister Ivan Anušić (HDZ) begründete den Schritt im Parlament mit den Worten: »Wir erleben eine Zunahme verschiedener Arten von Bedrohungen, die von der Gemeinschaft als Ganzes Reaktionsfähigkeit und Effizienz erfordern.« Angesichts etwa des Ukraine-Kriegs sei die Verteidigung des Landes »von entscheidender Bedeutung«.
Konkret sieht das Modell vor, dass ab Anfang 2026 jährlich etwa 18.000 junge Männer im Alter von 18 Jahren zu einer zweimonatigen militärischen Grundausbildung einberufen werden. Frauen sind ausgenommen, können sich aber freiwillig melden. Für Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen gibt es die Alternative eines Zivildienstes – drei Monate im Katastrophenschutz oder vier Monate in lokalen Verwaltungsstrukturen. Auffällig sind die großen Unterschiede bei der Vergütung: Wehrdienstleistende sollen monatlich 1.100 Euro erhalten, während Zivildienstleistende nur etwa 250 Euro bekommen sollen, in lokalen Verwaltungen sogar noch weniger. Zudem werden ehemalige Wehrdienstleistende bei Bewerbungen im öffentlichen Dienst bevorzugt behandelt, ein Vorteil, der Zivildienstleistenden nicht zugute kommt.
Die Entscheidung Kroatiens fügt sich in eine besorgniserregende regionale Aufrüstungsspirale ein. Serbien hatte bereits zuvor den Militärdienst wiedereingeführt, auch jüngste Abkommen wie der Vertrag zwischen Serbien und Ungarn über militärische Zusammenarbeit sowie ein Sicherheitsabkommen zwischen Kroatien, Kosovo und Albanien zeigen, dass sich auch die Länder im Westen des Balkans zunehmend militarisieren. Allerdings hält sich die Begeisterung für den Militärdienst auch immer mehr zurück: So absolvierten im Jahr 2022 nur 402 Personen eine freiwillige Ausbildung. Insgesamt verfügt das kroatische Militär derzeit über 15.000 aktive Soldaten und 2.000 Reservisten. Die Regierung betont, dass es nicht um die Ausbildung einer Einsatztruppe gehe, sondern um das Auffüllen der Reserven. Staatssekretär Branko Hrg behauptete: »Ein Berufsheer ist in einer Krisensituation ohne Reserve machtlos.«
Bevor die Ausbildung beginnen kann, durchlaufen alle Rekruten umfassende medizinische und psychologische Untersuchungen. Diese Tests, die allgemeine Gesundheitschecks, Seh- und Hörtests, EKG, Laboranalysen und psychologische Bewertungen umfassen, stehen für etwa 3.000 junge Menschen unmittelbar bevor. Allerdings ist die notwendige Durchführungsverordnung dafür noch nicht verabschiedet, was praktische Probleme aufwerfen könnte. Der erste Jahrgang ist mit 800 Rekruten klein geplant, 400 sollen in Požega, jeweils 200 in Knin und Slunj dienen. Bereits im darauffolgenden Jahr rechnet der Staat jedoch mit 4.000 Rekruten.
In der Opposition stößt das Gesetz auf Kritik. Während die Rechte die zweimonatige Ausbildungsdauer als unzureichend bezeichnet, kritisiert die grüne Partei Možemo! die Bedingungen für Zivildienstleistende. Der Abgeordnete Marin Živković sprach von einer »Bestrafung«: »Wüssten wir nicht, dass es eine Alternative zum Wehrdienst ist, würden wir denken, es handelt sich um gemeinnützige Arbeit.«
Dabei hat Kroatien seinen Militäretat bereits in den vergangenen Jahren deutlich erhöht. So stieg das Budget für 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 22,2 Prozent, und das Budget für dieses Jahr um weitere 18,2 Prozent, wie das Portal Balkan Insight im Sommer schrieb. Damit erreichte das Land, die von der NATO geforderten zwei Prozent seines BIP für »Verteidigung«. Erreicht wurde dies vor allem durch den Kauf von zwölf neuen französischen »Rafale«-Kampfjets, für die Zagreb über eine Milliarde Euro bezahlte. Außerdem sollen bis Ende nächsten Jahres 50 deutsche »Leopard«-Panzer in Kroatien eintreffen.
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