Korb für Selenskij
Von Reinhard Lauterbach
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij ist ohne Zusagen über die Lieferung der von ihm erbetenen »Tomahawk«-Marschflugkörper nach Kiew zurückgekehrt. Bei seinem Besuch im Weißen Haus am Freitag gelang es ihm nicht, US-Staatschef Donald Trump von einer Lieferung zu überzeugen. Trump sagte nach dem Treffen, er hoffe, der Krieg in der Ukraine werde auch ohne einen Einsatz der »Tomahawks« zu Ende gehen. Beide Seiten sollten die Feindseligkeiten entlang der jetzigen Frontlinie einstellen, alles andere werde »zu kompliziert«. Danach könne ja jeder für sich den Sieg beanspruchen, wenn er dies wolle. Im übrigen brauchten die USA die Flugkörper selbst. Selenskij nannte das Treffen laut BBC »pointiert«, was man in die Alltagssprache wohl mit »gereizt« übersetzen kann.
Die Washington Post veröffentlichte am Sonntag angebliche Details aus dem Telefongespräch zwischen Trump und Putin vom vergangenen Donnerstag – also noch vor Selenskijs Eintreffen in Washington. Danach solle Putin die »Kontrolle über den ganzen Donbass« als Voraussetzung für ein Kriegsende genannt haben. Die implizite Botschaft des Textes, der sich auf »zwei Personen mit Kenntnis des Gesprächsverlaufs« – also Quellen in der Trump-Administration – beruft, scheint aber mindestens gewagt: dass Putin bereit sei, auf die bereits eroberten Teile der Gebiete Saporischschja und Cherson zu verzichten. Explizit ist diese Aussage in dem Artikel auch nicht enthalten.
Dafür, dass diese Interpretation falsch oder zumindest überspitzt ist, sprechen auch die Entwicklungen auf dem ukrainischen Kriegsschauplatz. Dort sind russische Truppen gerade im Bezirk Saporischschja auf dem Vormarsch und stehen nur noch etwa 20 Kilometer südlich der Gebietshauptstadt. In der seit Monaten umkämpften Stadt Pokrowsk am westlichen Rand des Donbass kontrollieren russische Einheiten inzwischen nach ukrainischen Angaben die gesamte Südhälfte der Kommune und sind dabei, ein Industriegebiet im Westen der Stadt einzunehmen, durch das die wichtigste Versorgungsroute für die ukrainischen Truppen verläuft.
In dem Telefongespräch soll Putin Trump nach dessen Worten für seine Rolle bei der Freilassung der israelischen Geiseln gedankt haben. Er habe erklärt, damit sei ein Wunsch nach einem Ende des Nahostkonflikts in Erfüllung gegangen.
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