Gazakrieg unter neuem Namen
Von Gerrit Hoekman
Der Krieg in Gaza ist trotz des »Friedensgipfels« von Scharm Al-Scheich noch keineswegs vorbei. Israels Regierung hat ihm am Sonntag sogar einen neuen Namen gegeben: Die Operation »Schwerter aus Eisen« heißt jetzt »Krieg zur Wiederbelebung« – und fordert weiter Opfer: Elf Familienmitglieder, sieben Kinder, drei Frauen und ein Mann, starben am Freitag abend in Gaza-Stadt, als die israelische Armee das Feuer auf ihr Auto eröffnete, meldete Al-Dschasira. Die Familie habe in ihr Haus zurückkehren wollen. Dabei geriet sie angeblich in eine verbotene Zone, worauf sie ohne Anzeichen unmittelbarer Gefahr beschossen wurde. Al-Dschasira erfuhr durch eine Korrespondentin vor Ort, dass es an der Stelle keine Markierung oder Warnschilder gibt.
Zwar kündigte der israelische Verteidigungsminister Israel Katz an, die sogenannte gelbe Linie in Gaza werde bald markiert. Doch sein extrem rechter Kabinettskollege Bezalel Smotrich postete am Sonntag auf der Plattform X nur ein Wort: »Krieg!« Er behauptete, Hamas-Kämpfer hätten am Morgen in Rafah im Süden Gazas israelische Soldaten angegriffen, was ein klarer Verstoß gegen die Waffenruhevereinbarung sei. Schon am Sonnabend hatte das US-Außenministerium verlauten lassen, es verfüge über »glaubwürdige Informationen«, dass die Hamas in Gaza einen »Angriff auf Zivilisten« plane.
Die Hamas widersprach: Die Aktion habe sich gegen Jassir Abu Schabab gerichtet, den Chef einer »Volkskräfte« genannten Gruppe, die sowohl mit dem »Islamischen Staat« liiert ist als auch mit Israel kollaboriert. Sie operiert aus der Zone heraus, die noch unter Kontrolle der israelischen Armee steht. Das sind ungefähr 58 Prozent des Gazastreifens. Die israelische Luftwaffe und eine Spezialeinheit seien Abu Schabab zu Hilfe gekommen, so die Times of Israel. Der palästinensische Journalist Mohammed Schehada schrieb auf X, dass dabei ein oder zwei Soldaten getötet worden sein könnten. Er hob hervor, dass Israel die »Volkskräfte« gezielt einsetze, um Gaza zu destabilisieren und einen »Bürgerkrieg« zu provozieren.
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Leserbrief von B.S. aus Ammerland (20. Oktober 2025 um 14:00 Uhr)Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht – und auch Netanjahu hat bereits betont, er werde den Gaza-Krieg zu Ende bringen. In den Vereinbarungen zwischen Israel und der Hamas hat Netanjahu jedoch nur bekräftigt, dass der Krieg in Gaza fortgesetzt wird, bis das Ziel eines »Groß-Israel« erreicht ist – mit Unterstützung der anglo-amerikanischen Allianz. Deutsche Waffenlieferungen wurden dabei nicht wirklich eingestellt, sondern lediglich verschleiert durchgeführt. Trump und sein US-Statthalter im Nahen Osten, Netanjahu, verfolgen zwei klare Ziele: Erstens die Vollendung des Völkermords an den Palästinensern und zweitens den Versuch, als Keil gegen potenzielle BRICS-Staaten zu wirken. Der Tod von über 200 Journalisten in kurzer Zeit zeigt zudem, dass die israelischen Faschisten keine Augenzeugen für ihre Verbrechen dulden können.
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Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (20. Oktober 2025 um 10:53 Uhr)Diplomatie hat ein kleines Wunder vollbracht: Geiseln kehren zurück, die Waffen schweigen – und schon sprießt der Optimismus wie Unkraut nach dem Regen. Doch Vorsicht, mahnt die Realität: Was wir gerade atmen dürfen, ist keine Zeitenwende, sondern eine Pause zwischen zwei Sturmfronten. Das Massaker vom 7. Oktober hat tiefe Wunden geschlagen; für viele Israelis färbt seither alles durch das Prisma der Shoah, für viele Palästinenser setzt sich die Katastrophe von 1948 fort. Wer das eine relativiert, entwertet das andere – und beide Erzählungen nähren einen Deutungskampf, der erbitterter tobt als jede Schlacht. Militärisch hat Israel in der Region Boden gutgemacht, politisch jedoch kaum – von Frieden ganz zu schweigen. Die Hamas ist zerschlagen, die palästinensische Politik zerrüttet – und doch herrschen dort, wo Staatlichkeit gefragt wäre, noch immer Organisationen, Clans und alte Feindschaften. Die geplante Technokratenregierung klingt vernünftig, doch ohne Rückhalt vor Ort und echte Sicherheitsgarantien bleibt sie wohl Fiktion. Europa wird, so die Mahnung, nicht einfach den Geldbeutel zücken – und Deutschlands Zögern steht sinnbildlich für die westliche Ratlosigkeit. Kurz gesagt: Frieden? Noch nicht. Stabilität? Brüchig. Hoffnung? Möglich, aber kaum wahrscheinlich. Die Waffenruhe verschafft der Region Luft – nicht mehr, nicht weniger. Wer jetzt von einem »neuen Nahen Osten« träumt, verkennt die Erfahrung: Pausen heißen selten Frieden. Meist sind sie nur das Luftholen vor dem nächsten Gefecht.
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