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Aus: Ausgabe vom 18.10.2025, Seite 3 (Beilage) / Wochenendbeilage

Zu allem entschlossen

Von Reinhard Lauterbach
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Die Woche begann mit einem Schwall an Glückwünschen für Donald Trump. Noch fünf Tage danach kriegt sich im Spiegel Roland Nelles gar nicht mehr ein, wie toll Trumps »brachiale Vorgehensweise … diese Mischung aus Locken, Drohen und Bestrafen« im Nahen Osten gewirkt habe. Frechheit habe gesiegt. Aber nur in Gaza? Warum nicht auch gegenüber Russland? Vielleicht »Tomahawks« an die Ukraine liefern? Klar, so einfach wie mit der Zerbombung der iranischen Urananlagen ginge das nicht:

»Es wäre erneut ein riskanter Plan …«

Unsinn, in Gaza hat Trump überhaupt nichts riskiert außer einer Blamage.

»… zumal es sich bei Russland anders als beim Iran um eine echte Nuklearmacht handelt …«

Eben: Der Iran war eben keine »echte Nuklearmacht«, sondern gar keine. Womit die ganze US-Gloria wieder einmal darin bestanden hat, Schwächere aus einer Position eigener Überlegenheit heraus zu drangsalieren.

»… die ganz andere Möglichkeiten der Vergeltung hat.«

Aber das kann doch einen Spiegel-Kommentator nicht erschüttern:

»Wahrscheinlich ist die Demonstration von mehr amerikanischer Stärke und Entschlossenheit der einzige Weg …, Wladimir Putin endlich zu Zugeständnissen am Verhandlungstisch zu zwingen … Gelänge Donald Trump dieses Kunststück, hätte er ein natürliches Anrecht auf den Friedensnobelpreis erworben.«

Hätte, hätte, Fahrradkette. Wie gut, dass wir im Deutschen den Konjunktiv II haben. Abgesehen davon, dass es natürliche Anrechte nicht gibt, und die ganze Natürlichkeit darin besteht, dass die Natur des Nobelkomitees in dem selbstbewussten Opportunismus liegt, schon zu wissen, woher der Wind weht. Wie die diesjährige Auszeichnung für die venezolanische »Oppositionsführerin« Wiehießsiedochgleich zeigt. Pünktlich zu den US-Aggressionsplänen gegen Venezuela. Da sollte es nächstes Jahr mit dem Preis für Trump auch klappen, wenn es die Welt dann noch gibt.

Wenn es um ein Frischauf gegen Russland geht, kann natürlich Marie-Agnes Strack-Zimmermann nicht abseits stehen. Am Freitag morgen im Deutschlandfunk befragt, betreibt sie Trump-Psychologie: Der Mann sei wahrscheinlich frustriert, dass er im Nahen Osten erfolgreich sei, aber nicht gegenüber Russland. Denn er habe »Angst vor der eigenen Courage«, so die Politikerin mit mehr Courage als Verstand. Genau darauf aber setze Wladimir Putin, »dass letztendlich das Gebrüll groß ist, aber die Konsequenz fehlt«. Da wird es selbst dem Moderator etwas kalt um die Nase, und er fragt, ob das nicht zu weit gehe mit den »Tomahawks«. Nein, so Strack-Zimmermann: Das gehe nicht zu weit, genauso wenig wie es zu weit gegangen wäre, die »Taurus«-Marschflugkörper aus Bundeswehrbeständen zu liefern. Was natürlich die Eiserne Lady der FDP nur behaupten kann, weil die alte Bundesregierung – und die neue bisher auch – es vorgezogen hat, das nicht auszuprobieren.

Strack-Zimmermann geht es ums Prinzip: »Putin kann nicht erwarten, … dass sein eigenes Land verschont bleibt.«

Die deutsche Jugend jedenfalls soll nicht mehr verschont bleiben von der Weltlage. Die Debatte über die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist in vollem Gang, und die Süddeutsche Zeitung problematisierte am Dienstag herum, wie man das gerecht hinkriegen könne, denn: »Von einer möglichst gerechten Ausgestaltung der Wehrpflicht hänge es auch ab, ob die individuelle Wehrbereitschaft … erhalten werden kann«. Papperlapapp, liest man tags darauf in der FAZ: Den Einberufungskriterien Willkür vorzuwerfen gehe an der Sache vorbei. Denn im Mittelpunkt stehe sowieso ein Akt der Willkür, nämlich der »Bedarf der Streitkräfte«. Den werde doch wohl niemand in Frage stellen. Jedenfalls nicht in den »Qualitätsmedien«.

Im Deutschlandfunk betreibt Marie-Agnes Strack-Zimmermann Trump-Psychologie: Der Mann sei wahrscheinlich frustriert, dass er im Nahen Osten erfolgreich sei, aber nicht gegenüber Russland. Denn Trump habe »Angst vor der eigenen Courage«

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