Kriegsvorbereitungen im Pazifik
Von Jörg Kronauer 
					Australien und Papua-Neuguinea schließen ein neues »Sicherheitsabkommen«, das Australiens ehemalige Kolonie außen- und militärpolitisch überaus eng an die ehemalige Kolonialmacht bindet. Das Abkommen, das laut Aussage des australischen Premierministers Anthony Albanese am Mittwoch unterzeichnet werden soll, sieht zum einen vor, dass beide Länder sich gegenseitig Beistand leisten. Papua-Neuguineas Verteidigungsminister Billy Joseph verglich die einschlägigen Bestimmungen Ende vergangener Woche mit Artikel 4 des Nordatlantikvertrags. Dieser sieht vor, dass die Vertragsparteien der NATO Gespräche führen, wenn eine von ihnen ihre Sicherheit ernstlich bedroht sieht. Zum anderen gehe es nicht nur um Interoperabilität, die Fähigkeit zu gemeinsamer Kriegführung, erklärte Joseph. Die Truppen Australiens und Papua-Neuguineas sollten vielmehr zu »vollständig integrierten Streitkräften« verschmolzen werden. Beide würden dann die gleichen Waffensysteme nutzen und im engen Verbund miteinander operieren.
Darüber hinaus können Australiens Streitkräfte in Zukunft Bürger Papua-Neuguineas als Soldaten rekrutieren. Dies vergrößert das Potential, auf das Canberra beim Ausbau seines Militärs zurückgreifen kann, erheblich: Papua-Neuguinea ist mit rund zwölf Millionen Einwohnern der mit klarem Abstand bevölkerungsreichste Staat der pazifischen Inselwelt. Canberra hat im Gegenzug lediglich zugesagt, prinzipiell zur Verleihung der australischen Staatsbürgerschaft an diejenigen Bürger Papua-Neuguineas bereit zu sein, die in seinen Streitkräften Dienst tun. Der Vertrag weitet eine bestehende Übereinkunft stark aus. Es ergänzt zudem ein im Mai 2023 geschlossenes »Sicherheitsabkommen« zwischen Papua-Neuguinea und den USA, das den US-Streitkräften ungehinderten Zugang zu sechs Militärstützpunkten in Papua-Neuguinea eröffnet, darunter die Lombrum Naval Base auf Manus Island, die mittlerweile für eine halbe Milliarde Australischer Dollar von Canberra ausgebaut worden ist. Manus Island liegt im äußersten Norden Papua-Neuguineas. Die dortige Marinebasis wäre als Ausgangspunkt für Operationen gegen China geeignet.
Der avisierte Vertrag, der Papua-Neuguinea in umfassende außen- und militärpolitische Abhängigkeit von Australien bringt und ausgerechnet unmittelbar nach dem am Dienstag gefeierten 50. Jahrestag der Unabhängigkeit des Landes von der Kolonialmacht Australien unterzeichnet werden soll, ist Teil einer groß angelegten Initiative Canberras, die Staaten der pazifischen Inselwelt – sämtlich ehemalige Kolonien – seiner außen- und militärpolitischen Kontrolle zu unterwerfen. Ursache ist, dass China in der Pazifikregion mit konstanter Wirtschaftskooperation und mit Unterstützung beim Ausbau ziviler Infrastruktur an Einfluss gewinnt. Diesen Einfluss suchen nun die USA und ihre engsten Verbündeten, allen voran Australien, zurückzudrängen, indem sie die Staaten der pazifischen Inselwelt mit militärischen Vereinbarungen an sich binden. Dabei stoßen sie gelegentlich auf Widerstand. In der vergangenen Woche weigerte sich das östlich von Australien gelegene Vanuatu, ein umfassendes »Sicherheitsabkommen« mit Australien zu unterzeichnen. Premierminister Jotham Napat warnte, Vanuatu werde mit dem Abkommen daran gehindert, beim Aufbau kritischer Infrastruktur wie bisher mit China zu kooperieren.
Australien treibt darüber hinaus seine eigene Aufrüstung voran. Am Sonnabend teilte Verteidigungsminister Richard Marles mit, Canberra werde in den kommenden zehn Jahren rund 6,8 Milliarden Euro in den Ausbau der Henderson-Werft nahe dem westaustralischen Perth investieren. Dort sollen Atom-U-Boote gewartet werden, wie sie Canberra mit Hilfe des AUKUS-Pakts erhalten will. Als Übergangslösung für die Jahre nach der Außerdienststellung seiner alternden U-Boot-Flotte und vor der Indienststellung der AUKUS-U-Boote, die erst in ferner Zukunft erwartet wird, hatten die USA Australien drei U-Boote der Virginia-Klasse zugesagt. Deren Lieferung steht nun aber in Frage: Die US-Werften kommen mit der Produktion der U-Boote für die US-Marine nicht nach. Liefern sie nicht, säße Canberra auf dem Trockenen, und die teuer ausgebaute Henderson-Werft verfehlte ihren Zweck.
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